Im Römermuseum in Köngen lässt der Kölner Modellbastler André Rudolph tausend Zinnfiguren aufmarschieren. Doch statt des friedlichen Dorflebens geht es dabei um Tod und Verderben.

Esslingen - Als einstiges römisches Dorf Grinario pflegt die Neckartalgemeinde Köngen ganz bewusst ihr romanisches Erbe und hält die Erinnerung daran wach. Und so gibt es im Park auf dem ehemaligen Kastellgelände und im angegliederten Römermuseum viel zu entdecken – Großes, Kleines und auch ganz Kleines. Das Diorama auf der Museumsempore etwa zeigt im Miniformat, wie man sich das Leben der Bauern, Händler und Handwerker in Grinario ums Jahr 200 vor Christus vorzustellen hat. In dieser Saison nun haben die Zinnfigürchen maßstabsgetreue Gesellschaft bekommen. Statt des friedlichen Dorflebens geht es dabei freilich um Tod und Verderben, dargestellt wird nämlich die Varusschlacht im Teutoburger Wald im Jahre 9 nach Christus.

 

Schlachtengemälde lädt zur Entdeckungsreise ein

Es sieht schlimm aus im Karree von 180 auf 130 Zentimeter. Zwischen Detmolder Moor und Kalkieser Berg sind die Legionäre gehörig in die Bredouille und ihre Marschformationen durcheinander geraten, weil die germanischen Kämpfer von einem palisadengeschützten Wall aus eine Unzahl todbringender Wurfsperre auf die Römer niederprasseln lassen. Und auch beim Kampf Mann gegen Mann gibt es unter den Legionären schon viele Tote und Verwundete. Drei Tage soll das tatsächliche Gemetzel seinerzeit gedauert haben, ehe drei Legionen mit mehr als 20 000 Mann sowie etliche Reiterverbände vernichtet waren, immerhin, so ist zu lesen, ein Achtel des Heeresbestands im Römischen Reich. Bekannt ist der Ausspruch von Kaiser Augustus nach Bekanntwerden der Schmach: „Varus, Varus, gib’ mir meine Legionen zurück!“

Das zur Entdeckungsreise einladende plastische Schlachtengemälde stammt von dem in Köln lebenden Modellbauschaffenden André Rudolph und ist noch bis zum 3. August in Köngen zu sehen. Um die tausend Zinnfiguren zu präparieren und kenntlich zu machen sowie das Schlachtfeld mitsamt Moorsümpfen, Grünland, Bäumen und Felspartien herzurichten, hat Rudolph nach eigenen Angaben zweieinhalb Monate gebraucht. Neben der bloßen Anschauung sind freilich auch die wichtigsten Akteure und die näheren Hintergründe von großem Interesse. Darauf weist Carmen Zeis vom Römermuseum hin – und denkt dabei insbesondere an Schulklassen unter den Besuchern.

Aufschlussreiche Details über Arminius

Die Museumsleiterin hat deshalb zu dem römischen Feldherrn und Statthalter Publius Quintilius Varus und seinem Gegenspieler Arminius, dem Sohn eines Cheruskerfürsten, aufschlussreiche Details zusammengetragen. So führte Arminius, später auch bekannt und gefeiert als Hermann, der Cherusker, nicht etwa einen Haufen blindwütiger Barbaren verschiedener Stämme in die Schlacht, sondern dem Entscheidungskampf waren zermürbende Nadelstiche und Überfälle in bester Guerilla-Taktik vorausgegangen. Und dann kannte sich Arminius im römischen Heerwesen auch vorzüglich aus, wuchs er doch als sogenannte Fürstengeisel unter Römern auf und genoss eine umfassende militärische Ausbildung, ja, er kommandierte sogar berittene cheruskische Hilfstruppen. Fürstengeiseln, so Carmen Zeis in einem Exposé zum Schlachtendiorama, waren Söhne hochmögender römischer Verbündeter und dienten quasi als lebendes Pfand zur Absicherung der Vertragstreue.

Varus, de r den römischen Herrschaftsbereich gen Norden zur Elbe hin erweitern und das Gebiet befrieden sollte, zählte zur Führungselite der Imperatoren und hatte seinem Kaiser bereits als Statthalter in Nordafrika und Syrien gedient. Durch übertriebene Zimperlichkeit gegenüber Aufständischen soll er sich nicht ausgezeichnet haben. Als Reaktion auf die Niederlage im Teutoburger Wald nahmen sich Varus und seine Generäle das Leben, der Sieg der Germanen begründete dagegen eine mystisch-völkische Heldensaga unter den Deutschen – aber das ist eine andere Geschichte.