Wer mehr über die Römer wissen will, als die „Asterix“-Comics hergeben, findet in Köngen ein Kleinod: Im Römerpark bekommt man mit etwas Fantasie ein lebendiges Bild davon, wie die römischen Soldaten hier einst lebten.

Reportage: Akiko Lachenmann (alm)

Köngen - Römische Kastelle haben keinen Seltenheitswert. Mit jedem Landgewinn errichteten die Eroberer entlang der neuen Grenze jene quadratischen Militärlager, die im 1. Jahrhundert zunächst aus Holz und später aus Stein gebaut wurden. „Da diese Zeit lange zurückliegt, sind die allermeisten heute überbaut“, sagt der Hobbyhistoriker Detlef Rothfuß. Eine der wenigen Ausnahmen steht in seiner Heimatstadt Köngen im Kreis Esslingen: das Römerkastell Grinario, das bei seiner Entdeckung gegen Ende des 18. Jahrhunderts unter den Feldern der Bauern entdeckt wurde.

 

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Zunächst kursierte das Gerücht unter den Köngenern, dass da draußen unter der Erde eine Stadt verborgen liegt, nachdem Bauern beim Pflügen immer wieder auf altes Gemäuer und Münzen gestoßen waren. Als dann am 10. November 1782 dem damaligen Landesherrn Herzog Karl Eugen von Württemberg zu Ohren kam, dass auf einem Köngener Feld sogar eine Goldmünze des Kaisers Antonius Pius entdeckt worden war, erteilte er den Auftrag, nach den Ruinen zu graben. Seitdem ist es gelungen, auch mithilfe von Gerichten und Denkmalschützern, das Gelände des Kastells vor den Interessen von Grundstücksbesitzern zu schützen. In den 1980er Jahren kaufte die Gemeinde schließlich mithilfe von Landeszuschüssen das Areal und eröffnete 1988 den Römerpark.

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Was erwartet die Besucher?

Der Römerpark ist eine grüne, quadratische Lunge von 160 Meter Länge und 151 Meter Breite – entsprechend den damaligen Ausmaßen des Kastells, das zwischen 90 und 95 nach Christus errichtet wurde. Am Parkeingang geben Schautafeln und ein massives Modell aus Bronze Aufschluss darüber, wo der Kommandant gewohnt und seine Geschäfte geführt hat, wo die rund 600 Soldaten und ihre Pferde untergebracht waren, wo gebadet und wo die Vorräte gelagert wurden. Man braucht allerdings etwas Fantasie, um sich das Kastell in allen drei Dimensionen vorstellen zu können, denn lediglich Schilder und in den Boden gelassene Steine deuten an, wo sich die Gebäude einst befanden. Umso stärker springt ein Eckturm ins Auge, den der Schwäbische Albverein rekonstruieren ließ. „Das ist nur einer von 22 Türmen, die das Kastell einst umgaben“, so Rothfuß.

Für wen ist der Park spannend?

Trotzdem gibt es im Römerpark etliches über das Leben der Römer zu entdecken. Entlang der Wege findet man mehr als 20 Abgüsse von Funden, die entdeckt wurden, darunter eine 6,5 Meter hohe Jupitergigantensäule aus Walheim und die Statue eines schönen römischen Jünglings aus Bad Cannstatt, der vermutlich einst ein Grabdenkmal gekrönt hat. „Der Jüngling wurde schon zweimal geklaut“, erzählt Rothfuß.

Wer sich der Sache von ihrer botanischen Seite nähern möchte, findet im hinteren Teil des Parks einen Obstgarten mit Sorten, die auch schon damals angebaut wurden. Und für jüngere Besucher, die lieber Kämpfe zwischen Römern und Germanen nachspielen wollen, als Steinreliefs zu studieren, bietet ein Spielplatz die perfekte Kulisse. Aber auch Tai-Chi-Freunde, örtliche Sportgruppen und Liebespaare halten sich gern an diesem historischen Ort auf. Diese Volksnähe verleiht dem Römerpark besonderen Charme.

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Lohnt sich ein Besuch des Museums?

Das Römerkastell ist nicht die einzige Hinterlassenschaft der Römer. Weil die Soldaten versorgt werden mussten, entstand in unmittelbarer Nachbarschaft das Dorf Grinario, in dem bis zu 1500 Menschen auf 22 Hektar lebten – noch 100 Jahre nach dem Abzug der Römer. Nachdem die Soldaten das Kastell im Jahr 155 aufgaben, bedienten sich die Dorfbewohner an den Steinen des Kastells und errichteten ihre Häuser auch auf dem Gelände. „Viele arbeiteten als Eisenschmiede oder töpferten Keramiken“, erzählt Rothfuß. In der Mitte des 3. Jahrhunderts fielen die Alemannen ein und zerstörten das Dorf.

Wer mehr über das Leben der Soldaten und Dorfbewohner erfahren will, kann den futuristisch gestalteten Museumspavillon besuchen, der an den Park angrenzt. Im Gegensatz zum kostenlosen Römerpark wird eine kleine Eintrittsgebühr verlangt – eine Familie bezahlt acht Euro.

Im Museum liegen in Vitrinen Köngener Originalfunde, darunter verzierte Trinkgefäße aus Ton, deren Herstellung Historikern bis heute Rätsel aufgibt. Auf Schautafeln kann man nachvollziehen, wann die Römer sich wo in Deutschland aufhielten und zu welchem Grenzwall das Köngener Kastell gehörte. Wenn die Museumsleiterin Carmen Zeis keine Gruppe führen muss, nimmt sie sich die Zeit, Besucher in römische Gewänder zu hüllen oder Geschichten aus dem Alltag der Römer zu erzählen.

Braucht man ein Vesper?

Wenn die Sonne den schattenarmen Park ordentlich aufheizt, kann man im Museum zwar den leiblichen Durst mit Wasser, Apfelsaft oder Cola stillen. Für gehaltvolle Gelage im Stile römischer Kaiser müssen Besucher jedoch ins nahe gelegene Ortszentrum laufen. Dort ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Bus und Bahn oder lieber Auto?

Der Römerpark ist sowohl mit dem Auto als auch mit Bus und Bahn gut zu erreichen. Zum Museum gehören zwar nur zwei Parkplätze, aber in der näheren Umgebung gibt es ausreichend Parkmöglichkeiten. Freunde des öffentlichen Nahverkehrs fahren mit der S-Bahn nach Wendlingen und weiter mit der Buslinie 151 (bis Haltestelle Betz) oder der Linie X 10 (bis Kirchheimer Straße).