Ein Gewässerkundler hat damit begonnen, Proben aus dem Rohrer See zu entnehmen. Im Sommer droht der See nämlich umzukippen.

Rohr - Nun ist der Limnologe gefordert. Erste Proben hat er schon aus dem Rohrer See entnommen. Die werden in der nächsten Zeit im Labor des Ingenieurs untersucht. Limnologie, das ist die Wissenschaft von Seen, Tümpeln und Teichen als Ökosystem. Andere Gewässerkundler interessieren sich eher für ganze Meere. Während letztere etwa den Zusammenhang von Meeresströmungen und schmelzenden Polkappen untersuchen, stellen Limnologen Algen nach. Die schwappen hin und wieder in beträchtlicher Menge im Rohrer See, vor allem, wenn die Sonne sticht. So mancher befürchtet, dass das Gewässer im Sommer umkippen könnte. Und deshalb hat die Stadt vor einem halben Jahr 30 000 Euro für ein Gutachten bewilligt.

 

„Die Proben werden ausgewertet, und der Limnologe gibt uns dann vor, wie wir weiter vorgehen sollen“, sagt Alexander Gass, der beim städtischen Tiefbauamt für die Betreuung der Seen zuständig ist. Er ist sich aber schon sicher, welche Empfehlung der Wissenschaftler abgeben wird. „Wir werden den Rohrer See den ganzen Sommer über begleiten müssen, damit wir alle klimatischen Bedingungen abdecken.“

Das größte Problem des Rohrer Sees ist sein fehlender Zufluss. Aus einem kleinen Brunnen plätschert ein wenig Nass, das war’s. Und wenn es mal längere Zeit nicht regnet, versiegt der ohnehin mickrige Wasserstrahl des Brunnens. „Dadurch haben wir keine regelmäßige Erneuerung“, sagt Gass. Das klare Wasser verwandelt sich so in eine nährstoffgesättigte Suppe.

Fatale Kettenreaktion lässt den See umkippen

Die kann eine fatale Kettenreaktion auslösen. Algen vermehren sich ob des üppigen Nähstoffangebots schlagartig. Wahlweise sondern diese Gifte ab, um Konkurrenten abzuwimmeln, oder verdunkeln durch ihre schiere Anzahl den See. Andere Pflanzen sterben ab und sinken zu Boden. Dort machen sich Bakterien über die Überreste her und verbrauchen dabei so viel Sauerstoff, dass irgendwann die Fische ersticken.

Das Gutachten soll klären, wie weit der Rohrer See von diesem Szenario entfernt ist. Gegen Jahresende dürfte es fertig sein. „Aufgrund der Ergebnisse müssen wir dann eine Kosten-Nutzen-Abwägung machen“, sagt Gass. Kleinere Maßnahmen, die die Wasserqualität verbessern sollen, könnten aus dem normalen Budget bezahlt werden. „Und größere Projekte müssten wir an die Politik zurück spielen.“

So war das auch vor einem Jahr im Fall des Feuersees im Stuttgarter Westen. Zum einen wurde dort die Frischwasserzufuhr verbessert. Ob das eine Option in Rohr ist, müsse man abwarten, meint Gass. Die zweite, kleinere Maßnahme „könnte aber zum Einsatz kommen“. Über die Jahre hinweg hatte sich am Boden des Teichs in der Innenstadt eine 28 Zentimeter dicke Schlammschicht aus abgestorbenen Pflanzen gebildet, die das Wasser immer wieder mit Phosphaten versorgt hat. Statt den Schlamm abzubaggern, wurde ein neuer und besonderer dazugegeben. „Wir haben ein Fällmittel ausgebracht, das die Nährstoffe bindet“, sagt Gass. Damit wurde den Algen die Grundlage für ihr rasantes Wachstum entzogen.