Rohstoffe für E-Autos werden oft unter schlechten Bedingungen gewonnen. Dagegen will der Autokonzern Daimler nun vorgehen. Doch einige wichtige Fragen bleiben offen.

Chefredaktion: Anne Guhlich (agu)

Stuttgart - Der Stuttgarter Autobauer Daimler hat sich den Rohstoffbedarf für seine Elektrooffensive gesichert. „Wir sind der Meinung, dass Rohstoffe ausreichend vorhanden sind“, sagte Sabine Angermann, die bei Mercedes-Benz für die Themen Einkauf und Lieferantenqualität bei Rohstoffen zuständig ist. Daimler habe zur Rohstoffsicherung Lieferantenverträge abgeschlossen, von denen ein Großteil bis zu zehn Jahren laufe. Der Konzern habe sich zudem gegen Preisexplosionen abgesichert, so Angermann.

 

Mercedes will bis 2022 in jeder Baureihe mindestens eine elektrifizierte Alternative anbieten. Geplant sind nach Unternehmensangaben mehr als 50 elektrifizierte Fahrzeugvarianten im Markt. Doch damit ist Daimler nicht allein: Weltweit überbieten sich die Hersteller mit ihren Elektrooffensiven, von denen sich insbesondere die Politiker einen größeren Beitrag zur Luftreinhaltung versprechen als von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Doch längst warnen Wissenschaftler, dass die Sozial- und Umweltverträglichkeit von Elektroautos derzeit noch fraglich ist.

Die Autohersteller liefern sich ein Rennen um langfristige Verträge

Der CO2-Ausstoß, der bei Produktion und Entsorgung von Komponenten für E-Autos entsteht, ist die eine Problematik. Die andere sind die Rohstoffe, die insbesondere für die Batterietechnologie plötzlich in großen Mengen gebraucht werden.

So hat der Nachfrage-Boom nach Kobalt dazu geführt, dass der Preis für den Rohstoff zwischen 2016 und 2017 um 120 Prozent gestiegen ist. Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gehen davon aus, dass bis 2050 die Nachfrage für die Batteriefertigung zweimal so hoch sein könnte wie die heute identifizierten Kobaltreserven.

Damit sie bei der E-Mobilität nicht vom Rohstoffmangel ausgebremst werden, liefern sich die deutschen Hersteller daher ein Rennen um langfristige Lieferantenverträge. „Wir stehen kurz vor dem Abschluss langfristiger Bezugsgarantien“, sagt etwa ein Sprecher von BMW unserer Zeitung. „Unser Ziel ist, uns den Materialstrom für die kommenden zehn Jahre zu sichern.“ Auch Volkswagen bemüht sich um solche Verträge: „Wir haben konstruktive Gespräche mit namhaften Lieferanten geführt und führen diese weiter“, sagte ein VW-Sprecher. „Neben Versorgung und Kosten werden auch Themen wie zukünftiger Kapazitätsausbau, Nachhaltigkeit und Transparenz diskutiert.“

Kobalt etwa wird zu 60 Prozent im Kongo

Denn nicht nur die Knappheit stellt die Hersteller vor Herausforderungen – auch die Art, wie die Rohstoffe gewonnen werden. Kobalt wird zu 60 Prozent im Kongo abgebaut. Dort aber sind laut der Nichtregierungsorganisation Amnesty International bereits Kinder im Alter von sieben Jahren unter teilweise lebensgefährlichen Bedingungen in den Minen beschäftigt. Im November hatte Amnesty International deutschen Automobilkonzernen wie Daimler, Volkswagen und BMW vorgeworfen, menschenrechtliche Sorgfaltspflichten bei der Kontrolle der Kobalt-Lieferketten zu vernachlässigen.

Daimler hat nun ein System vorgestellt, mit dem der Konzern Menschrechtsverstöße in der Lieferkette eindämmen will. Das System soll bis 2020 flächendeckend etabliert sein. Dafür hat der Konzern 50 Rohstoffe identifiziert, bei denen das Unternehmen die Lieferkette transparent machen und regelmäßig überwachen will.

„Das Human Rights Respect System umfasst die systematische Prüfung potenzieller Menschenrechtsrisiken, das Definieren der erforderlichen Maßnahmen, um die Risiken zu minimieren, sowie die Evaluation der Umsetzung und ein umfassendes Reporting“, sagte Renate Jungo Brünnger, im Vorstand bei Daimler zuständig für Integrität und Recht.

Daimler will Transparenz schaffen – ohne allzu transparent zu sein

„Wir schaffen aktiv Transparenz in der Lieferkette, bei Bedarf bis hin zur Mine“, so Sabine Angermann. Was aber Daimler unter Transparenz versteht, blieb unklar: Auf die Frage, wer denn nun Daimlers Hauptlieferanten für Kobalt seien, antwortete Angermann nur, dies könne sie aus Wettbewerbsgründen nicht offenlegen.

Wie andere Autohersteller arbeitet auch Daimler parallel zu seiner Lieferkette an Batterietechnologien, die den Einsatz von Rohstoffen wie Kobalt überflüssig machen. Die Technologie sei jedoch nicht vor 2025 marktreif, sagte Angermann.

Einer der ersten Zulieferer, der nach dem neuen Kontrollsystem arbeitet, ist Contemporary Amperex Technology (CATL). Das chinesische Unternehmen habe einen Auftrag zur Lieferung von Batteriezellen erhalten, sagte Angermann. Ein Volumen nannte sie nicht. CATL beliefert auch Volkswagen und BMW.