Roland Dörr hat in Winnenden viel bewegt. Als Leiter des Amtes für Kultur, Schulen und Sport hat er das kulturelle Leben der Stadt maßgeblich geprägt. Nach dem Amoklauf an der Albertville-Realschule war er einer der ersten Helfer.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Winnenden - Menschen, die ihren Vorgesetzten alles mögliche zutrauen, sind Legion. Aber Menschen, die ihren Chef getraut haben, die sind selten. Roland Dörr zählt zu ihnen. Denn in seiner Funktion als Leiter des Standesamtes hat er vor Jahren einen jungen Mann getraut, einen Mitarbeiter des Rathauses, der heute der Winnender Verwaltung vorsteht. „Dass Hartmut Holzwarth hier einmal Oberbürgermeister wird, konnte ich damals aber nicht ahnen“, wirft Dörr ein und grinst dabei vergnügt.

 

Als Standesbeamter den heutigen OB getraut

Rund 2000 Trauungen habe er vorgenommen, erinnert er sich. Zwar fällt das Standesamt seit kurzem nicht mehr in sein Ressort, aber an die erste Trauung kann er sich noch gut erinnern. „Der damalige Amtsleiter Mager – passt doch gut: Dörr und Mager – hat mich damals einmal zuschauen lassen, wie das geht, damit ich ihn in seinem Urlaub vertreten konnte. Es hat dann gut geklappt, diese Ehe hält bis heute.“

Vor 43 Jahren kam Roland Dörr zur Winnender Stadtverwaltung – direkt von der Verwaltungsschule. Es war die Zeit der Kommunalreform und junge Fachleute waren begehrt. „Wir wurden von den Städten eingeladen und meistens mit einem guten Essen verabschiedet“, erinnert sich der angehende Pensionär an das Buhlen der Kommunen. Dass er sich für Winnenden entschied, hatte zumindest einen triftigen Grund: „Meine Frau ist Winnenderin.“ Außerdem war das Tätigkeitsfeld genau das, was er sich vorgestellt hatte. „Ich wollte nie in ein Amt, in dem es nur um Zahlen geht, sondern eines, in dem man etwas gestalten kann.“

Arbeitsbeginn während der Ägide Hermann Schwabs

Zu Beginn seines Arbeitslebens war Winnenden noch keine Große Kreisstadt, Hermann Schwab war Bürgermeister. „Bei einer Fahrt durch die Stadt auf der B 14 hat er zu mir gesagt, es werde demnächst eine Umfahrung gebaut“, erinnert sich Roland Dörr. Aus dem „Demnächst“ wurden dann drei Jahrzehnte, in denen er als Leiter des größten Amtes der Stadt einiges in der Stadt bewegt hat.

Unter anderem ist ihm das umfangreiche Kulturangebot der Stadt zu verdanken. „Der erste Spielplan war 1979/80. Der war noch auf Schreibmaschine geschrieben und abgezogen, mit selbst gemalten Illustrationen“, erinnert er sich. Heute wird das Programmheft gedruckt, neben Theateraufführungen gibt es Konzerte im Schloss, Ausstellungen und vieles mehr.

Neben den Bädern nahmen die Schulen einen großen Teil von Roland Dörrs Arbeit ein. „Da wird es einem nie langweilig“, betont er. Nicht nur, weil aufgrund der schwankenden Schülerzahlen die Planungen nicht einfach waren. „Wir hatten Jahre mit 5000, aber auch welche mit nur 3000 Schülern.“ Auch der beständige Wandel durch gesetzliche Regelungen in der Schullandschaft forderten das Organisationstalent heraus. Als es vom Land Fördermittel von 90 Prozent für Ganztagsschulen gab, griff die Stadt beherzt zu, um das wegen seiner roten Farbe heute „Tomate“ genannte Gebäude zu errichten. „In nur sechs Wochen haben wir die Pläne eingereicht.“

Helfer nach dem Amoklauf an der Albertville-Realschule

Eine der schwersten Aufgaben stellte sich Roland Dörr am 11. März 2009. Nach dem verheerenden Amoklauf war er als einer der ersten Helfer an der Albertville-Realschule. „Die Fragen der Kinder lassen mich bis heute nicht los“, sagt er. Vor Ort kümmerte er sich um Schülerinnen und Schüler, die dem Anschlag zum Teil schwer verletzt entkommen waren. Als Chef der städtischen Schulverwaltung oblag es ihm später, sich um die betroffenen Klassenzimmer zu kümmern. „Damit konnte ich umgehen, aber die Frage der Kinder nach ihren Schulfreunden – das war hart.“

Dem allseits nicht nur anerkannten, sondern auch beliebten Amtsleiter fällt der Abschied von seinem umfangreichen Tätigkeitsfeld nicht leicht. „Aber meine Enkel freuen sich schon, wenn ich mehr Zeit für sie habe“, sagt Roland Dörr. Und morgens nicht früh aus den Federn springen zu müssen, um sich einer umfangreichen Agenda zu stellen, das habe seinen Reiz. „Außerdem habe ich 16 000 Dias, die ich digitalisieren will. Mir wird es nicht langweilig.“