Der SV Winnenden hat am Wochenende die Württembergischen Meisterschaften im Rollkunstlauf ausgerichtet. Die Stadt gilt als eine Hochburg im Rollsport. Zu Recht – das hat sich auch bei diesem Wettkampf gezeigt.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Winnenden - Ein Interview so kurz vor der Pflichtprüfung im Solotanz? „Kein Problem“, sagt Julia Kroner und grinst, „es sind ja nur die Württembergischen.“ Keine Frage, obwohl erst 19 Jahre jung, hat die Rollsportlerin vom SV Winnenden bereits reichlich Erfahrung. Seit 15 Jahren stehe sie in ihrer Freizeit schon auf den vier Rollen. Spaß an der Musik, viel Abwechslung und ein tolles Team machen für sie die Faszination Rolltanz aus.

 

Warteliste für Neueinsteiger

Winnenden ist in dieser Sportsparte eine kleine Hochburg. Von den 140 Teilnehmerinnen, die sich am Wochenende auf der Trudl-Krämer-Anlage in Rollkunst- und Paarlauf, Solotanz und Formation gemessen haben, kam rund ein Drittel vom örtlichen SV. Während die Inliner den Rollschuhen im Breitensport längst den Rang abgelaufen haben, steht der Lederstiefel mit vier Rollen und Gummistopper bei Winnender Mädchen nach wie vor hoch im Kurs. So hoch, dass man beim SV Interessenten für den Neueinstieg sogar mit einer Warteliste vertrösten muss.

In den Anfängen gehe das auf die Initiative von Hannelore Heglmeier und Erna Schreier zurück, die die Abteilung Rollsport im SV Winnenden 1976 ins Leben gerufen hatten, sagt Beate Fisch, die sich im Verein unter anderem um die Öffentlichkeitsarbeit kümmert. Aber auch die Trainingsmöglichkeiten spielten eine wichtige Rolle. Schon in den 1980er-Jahren habe es eine Freibahn auf einem Kleinspielfeld gegeben. Als Mitte der 2000er-Jahre mit Unterstützung einer Stiftung eine eigene Rollsporthalle gebaut werden konnte, seien die Erfolge dann „extrem nach oben gegangen“. In der Trudl-Krämer-Rollsportanlage, benannt nach einer sich auch für das Allgemeinwohl engagierenden Bauunternehmerin, finde man das ganze Jahr über hervorragende Bedingungen vor, sagt Beate Fisch. „Nur bei Temperaturen unter 10 Grad Minus wird es ein wenig rutschig – wir haben in der Halle ja keine Heizung.“

Absolut außergewöhnliche Sportart

Beate Fisch selbst ist vergleichsweise spät zum Rollsport gekommen. Mit 17, „aber weil ich vom Turnen kam, waren manche Dinge nicht so schwierig zu erlernen“, sagt sie. Dann wurde sie Trainerin, Mitbegründerin der erfolgreichen Formation Sparkling Wheels und bis heute irgendwie Mädchen für Alles.

So wird denn auch immer wieder das Team im Verein genannt, wenn man die Sportlerinnen fragt, was den Rollsporterfolg beim SV Winnenden ausmache. „Ich habe tolle Mädels kennengelernt und Trainer, die verstanden haben, worum es geht“, sagt etwa Julia Kroner ein wenig pathetisch. Und Laura-Emily Scheibe, die ihre Erfolge bei den Junioren demnächst in der Meisterklasse bestätigen will, sagt, dass sie es zunächst mit Tanz probiert, dann aber eine perfekt zu ihr passende „absolut außergewöhnliche“ Sportart gefunden habe. Die 18-Jährige tanzt auf Rollschuhen seit sie fünf Jahre alt ist.

Eiskunstlauftraining zu weit weg

Nur eines wäre Jasmin Kraft vielleicht noch lieber gewesen – auch die 20-Jährige steht seit ihrem fünften Lebensjahr auf Rollschuhen: Schlittschuhlaufen. Dass das nicht klappte, hat einen ganz praktischen Grund gehabt: „Meine Mutter wollte nicht immer bis nach Stuttgart fahren.“ Dann eröffnete die Rollsporthalle in Winnenden und für sie wie für einige Mädchen eine gleichwertige Alternative. Denn eins, das räumt auch Julia Kroner ein, ist den meisten Nachwuchstalenten vor ihrem Karrierestart entscheidend wichtig gewesen: „Ich wollte unbedingt ein Glitzerkleid tragen.“

Das entwerfen und schneidern sich die meisten der Rollkunstläuferinnen nach eigenen Vorstellungen und Vorlieben selbst. Am Wochenende bei den Württembergischen Meisterschaften sind einige neue Kreationen zum Einsatz gekommen. Und nebenbei ist es um die Qualifikation zu den süddeutschen und Deutschen Meisterschaften gegangen. „Ihr solltet langsam zum Ende kommen“, sagt denn auch die Trainerin Ingrid Heglmeier, „in einer Minute geht es los.“