Roman Polanski hat die USA nach 1977 nie mehr betreten, er lebt vor allem in Paris, ist seit 1989 mit der französischen Schauspielerin Emmanuelle Seigner verheiratet und hat mit ihr zwei Kinder. Aber er hat auch weiter mit Hollywoodstars wie Harrison Ford („Frantic“) oder Johnny Depp („Die neun Pforten“) gedreht und sogar Filme inszeniert, die in den USA spielen. Zum Beispiel den Thriller „Der Ghostwriter“ (2010), in dem die amerikanische Ostküste überzeugend von der deutschen Küste gedoubelt wird, oder die Yasmina-Reza-Verfilmung „Der Gott des Gemetzels“, bei der er einen bösen Elternstreit von Paris nach New York verlegt.

 

Sein vielleicht persönlichster Film aber erzählt vom Überleben des Musikers Wladyslaw Szpilman im Warschauer Ghetto. Das Angebot von Steven Spielberg, „Schindlers Liste“ zu inszenieren, hat Polanski noch abgelehnt, der Stoff, sagt er, sei ihm zu nahe dran gewesen an seinem Leben und dem seiner Familie. Auch im „Pianisten“ will Polanski nicht beherrscht werden von dem, was er zeigt, sondern die Oberhand behalten über diese Geschichte, indem er sie als souveräner Erzähler meistert. Trotzdem spürt der Zuschauer in diesem großen Werk, wie emotional involviert er ist. Den Oscar für Polanski holt sein Freund Harrison Ford ab und übergibt ihn in Frankreich. So wird der Regisseur sogar bei seinen größten Triumphen an seinen biografischen Absturz erinnert.

Eine gewisse Unruhe, eine nervöse Energie strahlt dieser 1,65 große Mann aus, selbst wenn er scheinbar ruhig dasitzt. Aber auch ein Humor blitzt aus ihm heraus, der ihm vielleicht beim Leben und Überleben geholfen hat. Ein Tag ohne Lachen zähle für ihn nicht, hat er damals in Stuttgart gesagt, als er zur Musical-Adaption von „Tanz der Vampire“ angereist war. Und dann gleich eine Schranke heruntergelassen: „Warum ich gern lache? Die Frage stelle ich mir nicht.“ Nein, er will nicht, dass man ihm zu nahe kommt. Man möge sein Werk beurteilen, nicht sein Leben, hat er gefordert. Aber diesen Gefallen wird man Roman Polanski, der morgen achtzig Jahre alt wird, wohl nicht tun. Auch wenn dieses Werk über alle Zweifel erhaben ist.