Romano hält am Samstag, was er verspricht: wer will, kriegt von dem Köpenicker Cornerboy einen "Klaps auf den Po". Und dann hat der Rapper noch seine Julia auf einen Piccolo auf die Bühne gebeten ...

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Marketingtechnisch hat Romano ein Riesenproblem. An ihm ist zu viel besonders, als dass man das auf einen Nenner bringen könnte, ein Bottomline, die knackigen drei Worte, mit denen alles gesagt ist und eben doch nicht - "lauteste Band der Welt" oder so etwas. Nein, Romano lässt sich nicht in drei Worte fassen, das hat sein Auftritt im ausverkauften Stuttgarter Club Schräglage am Samstagabend gezeigt. Schon dass das Konzert in einem dezidierten HipHop-Club stattfindet, ist trotz der längst vollzogenen Öffnung dieses Genres für andere popmusikalische Spielarten eine für diesen Künstler nicht zulässige Verknappung. (Warum, hat er uns im Interview eindrücklich dargestellt.) Unterstellen wir mal, dass es der Stuttgarter Clublandschaft geschuldet ist.

 

Für den Showmenschen Romano indes ist die Mini-Arena Schräglage ein Sechser im Lotto. Der Mann ist bekanntlich und unter anderem Rapper, Metalfan, ehemaliger Schlagersänger und Köpenicker Cornerboy, also eine Rampensau, und ja: er weiß, wie er sein Publikum nach drei Seiten zu bespaßen hat. Sogar einen kleinen Steg in den Zuschauerraum hinein haben sie Romano gebaut, auch den weiß er zu nutzen: als Sextrain, Marlboro Mann, oder um im Song "Metalkutte" seine Patches zu checken. Erster Pluspunkt: der Mann kann Bühnenshow.

Vanilljecremedessert

Zweiter Pluspunkt: Romanos Songtexte. In einem neuen Track reimt er am Samstagabend "Wer hat die dicksten Eier?" auf "Vamos a la playa" - darauf muss man erstmal kommen, das ist Trash in Perfektion und irgendwie auch mehr als das, denn es gibt genügend Leute, die Sätze wie diese wenigstens am Sommerwochenende oder auf Malle zum Tagesprogramm machen. 

Auf seinem Album "Jenseits von Köpenick" finden sich unzählige Anspielungen auf den Osten. Unter anderem in dem Song "Romano und Julia":
 

"Ich werd Dir Blumen schenken, wir gehen danach ins Kino
Und fahren dann sonntags raus nach Eberswalde-Finow
Im Urlaub gehen wir essen, direkt am Schwarzen Meer
Versteck Verlobungsringe im Vanillecremedessert"


Ausgesprochen wird dieser herrliche Telenovelakitsch übrigens als Vanilljecremedessert. Uns erscheinen sofort ostblockromantische Bilder vor dem inneren Auge, nach dem Motto: Es war nicht alles schlecht.

Das stimmt sicher irgendwie, auch wenn diese Ostalgie vor einer Woche im ersten Dresden-Tatort aufs Schlimmste vorgeführt wurde. Ostrockbands wie Silly oder die Puhdys hat der Tatort allerdings verschont, und damit wären wir schon wieder beim Romano-Konzert. Als Liveschlagzeuger hat Romano Sebastian Reznicek dabei, den Schlagzeuger der Band Silly und Sohn von Jäcki Reznicek. Der inszeniert sich auf seiner Website als Bas spielender Che Guevara und hat unter anderem bei City, Silly oder Pankow mitgespielt.

Der Junge ist da also voll reingewachsen, und es ist natürlich noch so ein wunderbarer Link zu Romanos ostdeutscher Herkunft, dass gerade so jemand bei Romano Schlagzeug spielt. Unter anderem mit seinen zwischenzeitlich eingesetzten, rot leuchtenden Laserschwert-Drumsticks (siehe Bilderstrecke) spielt Reznicek wesentlich rauere, nah am Rock gebaute HipHop-Grooves, viel roher als es etwas der in Stuttgart bestens bekannte Flo Dauner von den Fantastischen Vier tut (der wiederum der Sohn von Wolfgang Dauner ist).

Neben Reznicek hat Romano noch Anton Feist mitgebracht. Den durfte Stuttgart vor einiger Zeit mit seiner Combo The/Das erleben und schon damals machte Feist vor, wie man Maschinensounds Leben einhaucht. Seine Computerpattern schichtet er auch am Samstag so dynamisch, dass es eine Freude ist. Als Höhepunkt legt Feist am Samstagabend auf den ohnehin durchgeknallten House-Rock-Spoken-Wort-Bastard "Ruf meinen Anwalt an" ein total irres Gitarrensolo obendrauf. Knaller!

Klaps auf den Po

Als das nach einer Stunde, die sich wie eine halbe anfühlt, vorbei ist, fliegt das Konzert im Schnelldurchlauf an einem vorbei: die Mädels in der ersten Reihe, die fast wie bestellt kreischen, als sie dem Goldzöpfchenträger einen "Klaps auf den Po" geben dürfen. Die imaginäre oder tatsächliche Julia, die zu "Romano und Julia" auf die Bühne kommt und, ein Glas Rotkäppchen-Sekt in der Hand, sich wie versteinert vom tänzelnden Romano über die Bühne schieben lässt. Den Muckibudenbesucher mit "Compton"-Shirt, der die Schräglage vor dem Ende des Konzerts verlässt. Die von vorne bis hinten durchchoreografierte Show, die vom leicht hölzernen Lob ans Publikum bis zum einstudierten Abschwung gar keinen Hehl aus dieser an Schlagerkonzerte erinnernden Durchchoreografiertheit macht, sondern sie vielmehr feiert. Das in der Summe hübsch durchmischte Publikum, von dem die Ausdauerndsten eine halbe Stunde nach Konzertende doch noch zum Selfie mit Romano kommen.

Wie eingangs erwähnt, ein Romano-Konzert lässt sich nicht so leicht in drei knackige Worte fassen ...


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