Am Sonntag, 6. Januar, ist der in Stuttgart geborene Schauspieler Gabriel Merz als Koch in der Rosamunde-Pilcher-Verfilmung „Morgens stürmisch, abends Liebe“ zu sehen (ZDF, 20.15 Uhr). Im Interview erzählt er, warum ihm die Rolle am Herd lag.

Lokales: Tom Hörner (hör)

Stuttgart - Seriendarsteller Gabriel Merz, 1971 in Stuttgart geboren, über die Zwänge des Schauspielerberufs, die Tücken des Dialekts und seinen ersten Auftritt in einer Rosamunde-Pilcher-Verfilmung.

 

Herr Merz, wir sollten eigentlich über die Pilcher-Verfilmung „Morgens stürmisch, abends Liebe“ sprechen. Aber ich fürchte, Sie sind in Gedanken schon woanders.

Stimmt, gedanklich bewege ich mich gerade in einer Welt von Intrigen und Verleumdungen. In den CCC-Studios von Atze Brauner in Spandau drehen wir für Sat 1 die Daily Soap „Alles oder Nichts“. Ich spiele darin einen Mafiapaten, eine ganz fiese Type, ohne jegliche Schattierung von Nettigkeit. Gerade komme ich aus einer Schlägerei.

Ein Kontrastprogramm zu Pilcher. Haben Sie jemals einen Pilcher-Roman gelesen?

Nein, natürlich nicht. Und ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich auch noch nie eine Pilcher-Verfilmung komplett gesehen habe. Ein paar Mal bin ich reingezappt und war von den Landschaften beeindruckt. Man kann nicht alles schauen, was im Fernsehen läuft. Ich schaue relativ wenig fern.

Obwohl Sie viel präsent sind?

Ich mache den Job wirklich gern, und die Pilcher-Verfilmung ist wirklich schön geworden. Was auch daran liegt, dass wir eine tolle Truppe waren. Außerdem ist Cornwall eine wunderschöne Gegend, die Engländer sind ein freundliches Volk, und das Wetter war erstaunlich stabil.

Und wenn es doch mal regnet?

Dann wartet man, bis der Regen vorbei ist. Oder man fährt an eine Küste, wo der Himmel gerade blau ist. Im Grunde bist du bei solchen Dreharbeiten ständig auf Achse.

Harald Schmidt sagte mal, er drehe das „Traumschiff“ wegen der schönen Umgebung. War das auch bei Ihnen ein Grund?

Auch, und weil die Dreharbeiten gut in meinen Zeitplan gepasst haben. Außerdem hat mich die Rolle gereizt, weil es Parallelen zu meinen Leben gibt. Im Film bin ich Vater von Zwillingen, so wie im echten Leben auch.

Wir wollen nicht zu viel von der Handlung erzählen, aber dass Sie einen Sternekoch spielen, darf man schon verraten?

Klar, auch die Rolle war mir nicht neu. Ich habe zwei Jahre in der ADR-Serie „Rote Rosen“ einen Sternekoch gespielt. Außerdem koche ich selbst gern.

In einer Szene von „Morgens stürmisch, abends Liebe“ schnippeln Sie Gemüse und unterhalten sich nebenher. Das schaut einigermaßen routiniert aus.

In der Szene habe ich mich geschnitten. Das ist mir bei „Rote Rosen“ auch mal passiert. Aber dann schneidest du halt weiter. Ich habe die Szene fast bis zu Ende gespielt. Nur als Zwiebelsaft in die Wunde kam, musste ich abbrechen.

Noch zwei Sätze zur Ihrer Rolle in „Morgens stürmisch, abends Liebe“?

Ich spiele einen Fiesling, dem man auch verfallen kann. Das Rollenfach kenne ich schon, aber in einer Schmonzette habe ich so was noch nie gespielt, insofern war das neu für mich. Mir hat die Rolle auch deshalb Spaß gemacht, weil man bei dem Typen nie so recht weiß, woran man ist.

In Ihrem Steckbrief als Schauspieler sind etliche Fremdsprachen aufgelistet, darunter auch Badisch und Schwäbisch.

Ich wurde in Stuttgart geboren, bin ich in Freiburg aufgewachsen und dann wieder mit 15 zurück nach Stuttgart. Insofern sind mir die Dialekte vertraut.

So vertraut, dass Sie sie sofort in einer Rolle umsetzen könnten?

Aus dem Stand nicht. Ich müsste mich erst wieder einarbeiten. Die beiden Dialekte sind ja nicht unähnlich, was die Sache nicht leichter macht. Meine Mutter hat Hochdeutsch gesprochen, mit schwäbischem Slang. Ich selbst wuchs alemannisch auf.

Das man Ihnen in der Schauspielschule ausgetrieben hat.

Das Doofe am Süddeutschen ist der Singsang, der ist im Badischen noch stärker. Das war richtig Arbeit. Wenn ich müde bin, schlägt der manchmal noch durch. Das ist bei vielen Leuten so, die mit Dialekt aufgewachsen sind.

Wie ist Ihre Erinnerung an Stuttgart?

Ich habe in den achtziger Jahren in Rohr gewohnt. Stuttgart kam mir damals finster vor. Aber zum Glück haben die Fantastischen 4 Licht ins Dunkel gebracht. Ich bin denen zum ersten Mal auf einem Filmfest begegnet. Wir trugen damals Dreadlocks, hörten Reggae und Ska und konnten mit Deutsch-Hip-Hop nichts anfangen. Heute bin ich froh, dass sich die Fantas durchgesetzt haben.

Sie haben anfangs Theater gemacht, sind inzwischen aber nur noch auf Film und Fernsehen abonniert.

1996 hat mich eine Agentur angesprochen und gemeint, ich solle mit dem Theaterspielen aufhören, sonst könnte ich kein Fernsehen machen. Mit längeren Bühnenarrangements verträgt sich das schlecht.

Von Schauspielerkollegen hört man hin und wieder: „Das Theater ist meine Leidenschaft. Vom Fernsehen muss ich leben.“

Das mag so sein, aber mir liegt die Kamera eher, weil ich lieber leise spiele.

Sie sind ein typischen Serientäter.

Auf jeden Fall. „Alles oder Nichts“ ist meine fünfte Serienhauptrolle.

Besteht dabei nicht die Gefahr, dass man auf eine Figur festgeschrieben wird?

Sicher. Charlie Chaplin hätte auch andere Rollen spielen können. Und Bruce Willis will keiner als Weichei sehen. Aber als Schauspieler musst du eben auch schauen, wo du bleibst. Es ist ein Glück, wenn man von dem Beruf leben kann. In Deutschland dürften das so 500 Kolleginnen und Kollegen sein. Die anderen müssen sich was mit anderen Jobs dazuverdienen.

Wer in eine Daily Soap reinkommt, hat für einige Zeit sein Auskommen. Wie groß ist der Produktionsdruck?

Eine Daily Soap ist eine Herausforderung. Du kriegst Textmengen vorgelegt, die nicht alle mundgerecht geschrieben sind, das geht gar nicht anders bei der Produktionszeit. Daily Soap gilt als Ironman in der TV-Branche. Oft drehst du unter der Woche und musst am Wochenende Texte lernen.

Und jetzt müssen Sie gleich noch mal zu der Schlägerei.

Davor muss ich mir noch eine schöne Narbe machen lassen.

Aber Sie haben doch schon eine schöne Narbe an der Unterlippe.

Die habe ich, seit ich sieben bin und versuchte, auf einem Bauernhof dem stärksten Jungen aus der Klasse zu entkommen. Bei einem Sprung habe ich mich verschätzt und bin voll auf der Fresse gelandet. Aber Narben müssen sein.