Das Scharren von Schaufeln auf Asphalt, Kettenrasseln und Hexenlachen hallen am Rosenmontagabend bei Sonnenuntergang durch die Straßen von Hildrizhausen. Beim Dämmerungsumzug des Guggenmusik-Vereins Hausemer Schnaidrebbler, der in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen feiert, zeigten sich insgesamt 36 Narrenzünfte von Sindelfingen bis Plochingen (Kreis Esslingen) und Stuttgart-Vaihingen von ihrer schelmischsten Seite. Sie bemalten etlichen der schätzungsweise 4000 Zuschauenden die Gesichter, rollten sich mit einigen über die Straße, und warfen mit Konfetti und Sägemehl. Auch allerhand Bonbons wurden verteilt und Seifenblasen gepustet.
Mit leichter Verspätung setzt sich der Umzug gegen 17.30 Uhr von der Dinkelstraße aus über die Rosnestraße in Bewegung. Für viele der Hexen, Teufel und andere Wesen hatte die Feier schon längst angefangen: trocken sind hier wohl die wenigsten Kehlen. Auch über den Durst hat wohl schon der ein oder andere getrunken, wenn einige Pfützen am Straßenrand ein Indiz sind.
Am Ende hagelt es Lob
Einige Hexen stehen zusammen unter einer rollenden „Schirm-Bar“, von der aus sie Kurze ausschenken. „Die haben wir hexenmäßig mit einem Baumstamm und einem Jutesack als Schirm aufgebaut, und die kommt zu jedem Umzug mit“, erklärt eine der Hexen der Narrenzunft Bondorf. Ziel ist für viele die Rosenmontagsparty in der Schönbuchhalle – und auch in dem riesigen Zelt, das die Schnaidrebbler eigens auf dem Feld gegenüber der Halle aufgestellt haben. Für die meisten jedoch ist der Weg dahin schon der eigentliche Grund, warum sie in Hildrizhausen sind. „Wir sind hier, weil es hier immer schön ist“, sagt zum Beispiel eine Vertreterin der Plochinger Waldhornhexa. „Mit dem Jubiläum ist das schon was Besonderes.“
Die Hausemer Schnaidrebbler, die den Umzug ausrichten, wurden im Jahr 2000 als Guggenmusik gegründet. Auch die Hästräger aus Hildrizhausen, die Schtombaschiaßer, sind dabei. Für gewöhnlich organisieren sie keinen Rosenmontagsumzug, sondern gehen mit ihrer Musik auf Tour – unter anderem zu zahlreichen Umzügen in der Umgebung – und feiern ihr traditionelles Fest in der Schönbuchhalle. Für den Vorsitzenden der Schnaidrebbler, Jens Fischer, ist dieses Zusammentreffen kurz vor dem Ende der Fasnet etwas Besonderes. „Von jeder Zunft, die da war, war das ein Riesen-Highlight“, sagt er. Beim Zunftmeisterempfang habe es regelrecht Lob gehagelt.
Bürgermeister moderiert mit Guggen-Chef
Jens Fischer hat den ersten Teil des Montagabends mit Hildrizhausens Bürgermeister Matthias Schöck – im grellpinken Rüschenhemd und mit Blumenkette – im Sprecherwagen vor dem Feuerwehrhaus verbracht, wo die beiden gemeinsam die vorbeiziehenden Gruppen begrüßt, ihre Kunststücke kommentiert und die Zuschauenden dazu animiert haben, die Schlachtrufe der jeweiligen Zünfte zu rufen.
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Gefühlt ist das ganze Dorf auf den Beinen: Jung und Alt gucken von der Haustür aus zu, oder von Balkon und Fensterbank – einige haben tatsächliche Bänke und Stühle an den Straßenrand gestellt, um dem närrischen Treiben besser folgen zu können. Viele tragen ebenfalls Verkleidungen. „Es ist ein Stück Kulturgut“, sagt eine Besucherin aus Altdorf. „Gerade in der heutigen Zeit ist es wichtig, dass man so etwas aufrecht erhält.“
Dass 4000 Menschen kommen, hätte Drebbler-Chef Fischer nicht erwartet. „Ich dachte, wenn 1000 kommen, ist das ein Erfolg“, sagt er – immerhin sei der Termin unter der Woche, und in den Skiferien. „Aber ich glaube, viele haben früher Feierabend gemacht, um dabei zu sein.“
Sicherheit ist ein Thema
Die Sicherheit – und die Tragödie in Mannheim, bei der ein Mann am Montagmittag mit dem Auto in eine Menschenmenge fuhr und so zwei Menschen tötete – sind an diesem Abend in Hildrizhausen natürlich auch Thema. „Ich habe schon befürchtet, dass der Umzug abgesagt wird“, sagt eine Hästrägerin aus Gärtringen. Wurde er nicht, und geschützt wird er außerdem – durch Polizei, Sicherheitsdienst sowie Traktoren an den Zufahrten zur Strecke. „Es war sicher, und es ist nichts passiert“, resümiert Fischer. Auch wenn man gegen Ende des Umzugs einen Sicherheitsmann darüber klagen hört, er sei von vier Hästrägern gepackt und festgehalten worden, die ihn anmalen wollten.
Auch im Anschluss an den Umzug – einige auswärtige Gruppen treten schon mit ihren Bussen die Heimfahrt an, und eine große Kehrmaschine beginnt direkt, die Spuren der Narren auszuradieren – gibt es noch die Rosenmontagsparty, für die die Schnaidrebbler bekannt sind. Erstmals steigt die nicht nur in der Schönbuchhalle, sondern Teile sind ausgelagert. So sollen sich das bunte Programm in der Halle und die reine feuchtfröhliche Feierlaune im Zelt besser voneinander trennen lassen. „Das hat auch super geklappt“, bewertet Fischer das Experiment.