Der Karneval erreicht seinen Höhepunkt - doch der Rosenmontag ist in diesem Jahr nicht ganz wie immer. Das Thema Terror ist präsent.

Köln - Mit Pappnase oder Kostüm auf die Straße zu gehen, erfordert manchmal genau so viel Zivilcourage wie eine politische Demonstration. Der Terror von Kopenhagen, der abgesagte Karnevalszug in Braunschweig - die Jecken und Narren in Köln, Düsseldorf und Mainz hatten das im Hinterkopf, als sie ihren Rosenmontag feierten. Die 62-jährige Christel (62) ließ sich nicht Bange machen und jubelte trotzdem dem Zug in Köln zu: „Das macht mir keine Angst. Man darf sich nicht einschüchtern lassen. Das ist Freiheit, das ist Karneval!“

 

Dass der Rosenmontag fast so ablief wie immer und die Menge sang, schunkelte und feierte, war nicht selbstverständlich. Die Anschläge auf Islamkritiker und Juden im Januar in Frankreich und nun Dänemark zeigen, dass islamistische Terroristen bereit sind, alles anzugreifen, was sie hassen. Deswegen - so die Befürchtung mancher Experten - könnte auch der Straßenkarneval ins Visier islamistischer Fanatiker geraten. Nicht nur, weil ein Anschlag hier besonders großes Aufsehen erregen würde. Wer meint, dass Frauen nur verschleiert auf die Straße dürfen, wer Musik für Sünde hält, und wer glaubt, religiöse Vorstellungen mit Gewalt durchsetzen zu müssen, kann den Karneval und die ausgelassene Lebensfreude der Narren und Jecken nur hassen.

„Wir demonstrieren heute sozusagen dafür, dass wir uns von solchen Sachen nicht beeinflussen lassen“, sagte der Pirat Udo (43), der mit seinem Sohn Tim (5) und seiner Mutter (75) aus Berlin in seine alte Heimat Köln gekommen war. „Wer Angst hat, darf einfach nicht auf so eine Veranstaltung gehen“, meinte eine 24 Jahre alte Närrin in Mainz. Oder er wählt einen Mittelweg - wie ein Trapper in Düsseldorf: „Sonst sind wir auf der Kö.“ Aus Angst vor einem Anschlag meiden er und seine Freunde diesmal die Einkaufsmeile und schauen dem Zug vom Rhein aus zu.

Den Karnevalisten liegt das Rebellische im Blut

Immer schon liegt den Karnevalisten das Rebellische im Blut. Narrenfreiheit und Meinungsfreiheit sind zwei Seiten derselben Medaille. Und deshalb fuhr das Thema Terror als Motiv auf den Wagen der Umzüge mit. In Düsseldorf war ein kopfloser Mann auf der Flucht vor einem Maskierten zu sehen, der ein bluttropfendes Schwert schwingt. Das Opfer trägt das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ in den Händen, und aus seinem offenen Hals kommt die Sprechblase: „Satire kann man nicht töten.“

Nachdem das Kölner Festkomitee vor gut zwei Wochen einen ersten Entwurf zurückgezogen hatte, rollte dort nun ein Clown durch die Stadt, der einen Buntstift-Baum wachsen ließ, in Erinnerung an die Zeichner von „Charlie Hebdo“. Es war eine abgeschwächte Version. Der Terrorist, den der mutige Clown im ursprünglichen Entwurf stoppen sollte, war nur unfertig am Boden zu sehen.

Heinz (53), der mit seiner Tochter Marie (9) in Köln feierte, findet solche Symbole wichtig. Man dürfe mit seiner Meinung nicht aus Angst hinter den Berg halten, meinte er: „Das wäre das falsche Signal an die Terroristen.“ Und die Angst schien in der Masse ohnehin schnell zu verfliegen. „Darum geht es doch: zusammenstehen und miteinander feiern“, sagte Clown Amanda (36). Auch Evelyn (18) in Mainz sieht das so: „Gerade an Fastnacht halten die Leute doch noch mehr zusammen.“

Courage brauchten allerdings nicht nur Jecke, Narren und Wagenbauer. Die Sicherheitsbehörden reden nicht viel darüber, aber es dürfte eine der schwierigsten Gratwanderungen sein, zwischen Sicherheit und Freiheit abzuwägen. Die Entscheidung von Braunschweig zeigt, was den Unterschied macht: Bei einer konkreten Drohung wird abgesagt. Eine allgemeine Sorge reichte aber nicht, um den Höhepunkt der fünften Jahreszeit zu stoppen.