Das Museum im Stuttgarter Rosensteinpark hat schon 232 Jahre auf dem Buckel. Mehrmals hat es sich neu erfunden. Derzeit wird die Sammlung im Schloss Rosenstein neu gestaltet. Erste Einblicke.

Die Liebe zur Natur kann tödlich sein. König Friedrich kostete seine Begeisterung das Leben. Sein Onkel, Herzog Carl Eugen, hatte 1791 mit der Trennung vom „Naturalien-Cabinett“ von der Kunstkammer den Grundstein fürs Naturkundemuseum gelegt. Als 1816 in Cannstatt die Reste von Mammuts entdeckt wurden, half Friedrich trotz seiner Leibesfülle mit, zwölf Stoßzähne auszugraben. Dabei erkältete er sich, bekam eine Lungenentzündung und starb. Sein Sohn Wilhelm I. führte Württemberg in die Moderne. Und ließ das Schloss Rosenstein bauen.

 

Was ist neu?

Wie das Leben so spielt, ist dort heute die biologische Ausstellung des Naturkundemuseums zu sehen. Den Elefanten und den Seiwal hat fast jedes Stuttgarter Kind schon bestaunt. Über die Entstehung des Lebens lässt sich dort etwas lernen, aber auch Museen unterliegen der Evolution. So wird die Ausstellung umgebaut, die beiden großen Räume rechts und links der Säulenhalle machen den Anfang. Am 17. Februar dürfen Besucher sich anschauen, woran die Kuratoren, Handwerker und Präparatoren seit Dezember 2021 gearbeitet haben.

Ein Tauchgang im Park

Und noch arbeiten. Dagmar Beermann baut ein Riff. Ein typisches für den westlichen Indischen Ozean. Dem bisherigen Meeressaal bleibt das Meer erhalten. Es ziehen aber neue Bewohner ein. Auf der einen Seite ist es bunt, dort wo Beermann Schnecken, Würmer, Korallen, Anemonen, Schwämme, Seesterne, Fische auf das sechs Meter lange und 2,10 Meter tiefe Riff setzt. Immer nach der Devise: „Wir müssen Geschichten erzählen können.“ Und die kann man erleben, ohne Taucherbrille und Flossen, ohne nass zu werden. Bei zwölf Millionen Stücken in der Sammlung will wohlbedacht sein, was einen Platz findet. Vieles wird aber neu gebaut, gegossen, gedruckt. Welches Handwerk man auch anwendet, eines ist wichtig: Strenge Brandschutzregeln müssen eingehalten werden. Auch wenn man glaubt, man sei im Meer.

Die im Dunkeln sieht man jetzt

Oder gar in der Tiefsee. Auf der anderen Seite des Meeressaals geht es weit hinab. Wohin sonst nie ein Lichtstrahl vordringt, wird im Rosenstein-Museum aus dem Dunkel geholt. Der tonnenschwere und 13 Meter lange Seiwal durfte aber auf seinem Platz bleiben. Allerdings schwimmt er nun in die andere Richtung. Dafür wurde er eingerüstet und dann Zentimeter um Zentimeter gedreht. Wer seinen Blick von dem Modell abwendet, kann entdecken, mit welcher Liebe zum Detail die Wasserwelt entsteht. Ein leckes Ölfass hat Präparator Carsten Leidenroth via Ebay ersteigert. Und die grauen Klumpen mit den gelben Einsprengseln, die an einen Blumenkohl erinnern, sind Manganknollen aus 4490 Metern Tiefe. Dauerleihgaben vom Geomar-Zentrum für Ozeanforschung. Die Metallknollen hat man geerntet, weil man sich die Rohstoffe sichern wollte. Das erwies sich als zu teuer. Bis dato.

Auch ein Museum verändert sich

Nicht nur Techniken entwickeln und verändern sich, sondern auch die Welt an sich. Der Evolutionssaal wird auch neu gestaltet. Das ist durchaus ein typisches Merkmal für das Museum selbst. Ständig ist es Veränderungen unterworfen. Eines der ältesten Stücke der Sammlung ist der Schädelrest eines Urzeit-Riesenhirsches, darauf zu sehen ist die Jahreszahl 1600. Nachdem das Naturalienkabinett lange durch die Stadt gewandert war, kam es 1822 in einem Neubau an der Ecke Museumsstraße und Archivstraße unter. 1944 wurde das Museum zerbombt, glücklicherweise hatte man Teile der Sammlung ausgelagert. Im Jahr 1950 wird die Naturaliensammlung in „Staatliches Museum für Naturkunde in Stuttgart“ umbenannt. Und Schloss Rosenstein wird 1956 eröffnet. Knapp 20 Jahre später wird das Museum am Löwentor eröffnet, als neues Heim der Dinos und Fossilien.

Was ist mit dem Elefanten?

Mehrmals wurde das Schloss Rosenstein saniert und umgebaut. Aus den kleinen Guckkästen wurden Dioramen und Lebenswelten. Der Flickenteppich wurde sortiert, der Wildwuchs eingehegt. Die Anforderungen änderten sich: Nicht mehr nur zeigen war gefragt, sondern vermitteln, interessieren, neugierig machen und lehren. Und so bekommt auch der Evolutionssaal wieder einmal ein neues Gesicht. Auch hier bleibt das Wahrzeichen erhalten, der Elefant steht schon seit 60 Jahren hier: Er darf bleiben. Aber er bekommt neue Gefährten. Auf sechs Inseln werden zentrale Themen der Vielfalt des Lebens dargestellt, erzählt Kurator Sebastian Lotzkat. Ein schwarzer Jaguar ist zu sehen, ein 1847 im Südwesten erlegter Wolf. Und ein Gefährte, der im 21. Jahrhundert eingewandert war. Er starb auf zeittypische Art: Er wurde überfahren.

Und ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten gibt es. Orang-Utan Buschi, der 2011 in der Wilhelma im Alter von 51 Jahren gestorben war. Seinen Körper vermachte die Wilhelma dem Naturkundemuseum, dort wurde er präpariert und hat dort demnächst seinen großen Auftritt. Als Stuttgarter Legende. Über den Tod hinaus.