Die Stadt Stuttgart hält die eigenen Zahlen über den Lastwagenverkehr für zu hoch. Der Plan für den Rosensteintunnel wird überarbeitet.

Stuttgart - Der Bebauungsplan für den knapp 200 Millionen Euro teuren Rosensteintunnel wird neu ausgelegt. Das hatte der Bau- und Umweltbürgermeister Matthias Hahn auf der Bürgerversammlung im Stuttgarter Osten Ende Januar überraschend mitgeteilt. Als Grund für diesen ungewöhnlichen Schritt erklärte Hahn, der bisherige Plan enthalte zu hohe Zahlen bezüglich des Lastwagenverkehrs. Man gehe inzwischen von weniger Schwerverkehr auf der Strecke zwischen Zuffenhausen und dem Leuzetunnel aus. Der Bebauungsplan solle noch vor der Sommerpause beschlossen werden.

Anschließend könnten sich die Bürger in einer weiteren Anhörung zu dem Projekt äußern. Gegen den nun zurückgezogenen Bebauungsplan hatte es weit mehr als 600 Einwendungen von Bürgern gegeben.Im Stadtplanungsamt beruft man sich wegen der Neuauflage auf eine veränderte Faktenlage. "Wir sind in dem Bebauungsplan für den Rosensteintunnel beim Lastwagenverkehr ganz bewusst vom schlimmsten vorstellbaren Szenario für die nächsten 15 Jahre ausgegangen", erklärt Stephan Oehler, Leiter der Abteilung Verkehr im Stadtplanungsamt, auf Anfrage. Diese Prognose habe sich bei näherer Betrachtung allerdings als nicht mehr haltbar erwiesen. Der Unterschied zwischen dem tatsächlich zwischen Zuffenhausen und der B14 am Neckarufer gezählten und dem für die Zukunft prognostizierten Schwerverkehr sei ganz erheblich gewesen.

Konkrete Zahlen nannte Oehler allerdings nicht. "Der Bau des Rosensteintunnels wird schon zu mehr Lastwagenverkehr führen", stellte er klar. "Der Zuwachs wird allerdings nicht so hoch sein, wie wir bisher angenommen haben." Deshalb müssten auch die zum Bebauungsplan gehörenden Lärm- und Schadstoffgutachten noch einmal überarbeitet werden.

Hohe Stickoxidwerte in Wohngebieten


"Wenn es weniger Verkehr gibt, dann wird der Rosensteintunnel erst recht nicht gebraucht", kritisiert Annette Schade-Michl von der Zuffenhäuser Schutzgemeinschaft Krailenshalde. "Nach den vielen Einsprüchen gegen den Rosensteintunnel versucht die Stadt alles, um die Umweltbelastungen herunterzurechnen." Um die viel zu hohen Stickoxidwerte in Wohngebieten aus der Welt zu schaffen, sollten die Gutachten rechnerisch optimiert werden.

Die Bürgerinitiative und der Bürgerverein Zuffenhausen werfen der Stadt - wie berichtet - vor, "den Rosensteintunnel als Maßnahme zur Luftreinhaltung zu verkaufen, obwohl Gutachten das Gegenteil belegen". Die Auswertung der vorliegenden Bebauungsplanunterlagen habe ergeben, dass es nach dem Tunnelbau in Zuffenhausen zu überhöhten Stickstoffdioxidwerten (NO2) mit Grenzwertüberschreitungen in Wohngebieten komme. Betroffen sei auch ein Kindergarten an der Burgunderstraße.

Über diese großflächigen Grenzwertüberschreitungen seien die Stadträte vor der Abstimmung über den Rosensteintunnel überhaupt nicht informiert worden, so die Kritiker. Der höhere Schadstoffausstoß wird nach Ansicht der Kritiker durch das erheblich höhere Verkehrsaufkommen verursacht. Durch den Tunnelbau nehme der Verkehr auf der B 10/27 um 28.000 auf 91.000 Fahrzeuge am Tag zu.

Das südliche Tunnelportal des Tunnelbauwerks soll auf Höhe des Elefantenstegs oberhalb der Stadtbahn-Haltestelle Wilhelma liegen. Dort münden die vier Fahrspuren in die B10. Im Norden liegt die Tunneleinfahrt auf Höhe der Stadtbahn-Haltestelle Rosensteinpark. Über dem Südportal soll später die neue, wegen Stuttgart 21 notwendige Eisenbahnbrücke die Fahrspuren überqueren. Frühestens 2015 sollen täglich 67.000 Fahrzeuge - knapp 20.000 mehr, als heute in der Pragstraße gezählt werden - durch die Röhren rollen. Dank des Rosensteintunnels verringere sich die Verkehrsbelastung in der Pragstraße auf 20.000 Autos am Tag, heißt es bei der Stadt.