Die rot-rot-grüne Koalition in der Hauptstadt hat sich auf ihren Koalitionsvertrag geeinigt. Sie will, dass Berlin besser funktioniert – und plant deshalb ein „Jahrzehnt der Investitionen“.

Berlin - Sechs Wochen haben die Verhandler sich im Roten Rathaus getroffen – und seit Mittwochnachmittag steht der Koalitionsvertrag für das bundesweit erste rot-rot-grüne Bündnis unter Führung der SPD. Vorliegen soll das Dokument am Donnerstag. Personalentscheidungen wurden nicht offiziell verkündet.

 

„Es waren harte und intensive Verhandlungen“, sagte der bisherige und künftige Regierende Bürgermeister Michael Müller in einer Pressekonferenz. Bei allen Problemen und Differenzen sei nun jedoch eine Aufbruchsstimmung zu spüren. „Wir haben richtig Lust aufs Regieren.“ Die Koalition wolle soziale Themen in den Mittelpunkt stellen. „Wir wollen die soziale Spaltung der Stadt verhindern“, sagte Müller – oder diese dort, wo sie bestehe, verringern. Als ein Schwerpunkt nannte Müller dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur der wachsenden Stadt.

30 000 neue Wohnungen sollen her – die Hälfte davon Sozialwohnungen

„Wir haben versucht, die wichtigsten Themen der Stadt in den Mittelpunkt zu stellen“, sagte Linke-Landeschef Klaus Lederer. Er nannte die Wohn- und Mietenpolitik als zentrales Thema. Dabei gehe es nicht allein um die Schaffung von Wohnraum, sondern um bezahlbares Wohnen. Im Kampf gegen die Wohnungsnot sollen die landeseigenen Gesellschaften binnen fünf Jahren 30 000 Wohnungen bauen, davon die Hälfte für Sozialwohnungsberechtigte.

Die Koalition will auch dem Wunsch der Berliner Rechnung tragen, dass die rasch wachsende Stadt künftig „besser funktioniere“, wie Ramona Pop, die grüne Fraktionschefin, sagte. In Kitas, Schulen und Ämtern soll deshalb die personelle Situation durch 5000 bis 6000 Neueinstellungen verbessert werden. Rasch besser werden sollen auch die Bürgerämter und der Zustand der maroden Schulen. Für die Schulen wird ein Zehnjahresprogramm aufgelegt.

Unter den Linden soll autofrei werden

Müller nannte den Zustand vieler Gebäude, in denen die Polizei arbeitet, inakzeptabel. Hier sei in den letzten Jahren vieles vernachlässigt worden. Auch in Krankenhäuser soll investiert werden. Der Boulevard Unter den Linden soll autofrei werden, das Straßenbahnnetz erweitert, und die Radwege ausgebaut werden.

Die Haushaltsexpertin Pop verwies darauf, dass während der Verhandlung stets auf die Finanzdisziplin geachtet worden sei. „Wir waren sehr gründlich“, sagte sie. Eine Neuverschuldung ist nicht geplant, genauso wenig wie Steuererhöhungen. „Wir wissen, dass wir unter besonderem Verdacht stehen, das Geld zum Fenster rauszuwerfen“, sage Lederer. Die Koalition werde nachhaltige Finanzpolitik machen.

Michael Müller will das Ressort Wissenschaft

Die SPD wird neben dem Posten des Regierenden Bürgermeisters die vier Ressorts Finanzen, Inneres, Bildung und Gesundheit besetzen. Die größte Überraschung ist hier, dass Michael Müller das Ressort Wissenschaft zur Chefsache macht. Das Personaltableau wurde noch nicht vorgestellt. Aus Verhandlungskreisen wurden aber verschiedene Kandidaten bekannt. Für ein Weiter-so im Lager der SPD steht vor allem Andreas Geisel, bisher Stadtentwicklungssenator und im Wahlkampf kritisiert, weil sein Kreisverband die gestückelte Spende eines Bauunternehmers angenommen hatte. Der Vertraute Müllers soll Innensenator werden.

Linke-Landeschef Klaus Lederer wird dem Vernehmen nach der erste eigenständige Kultursenator der Stadt nach zwei Legislaturperioden. Die Linkspartei erhält außerdem die Ressorts Bauen/Wohnen sowie Arbeit/Soziales. Die grüne Fraktionschefin Ramona Pop gilt als Anwärterin auf ihr Wunschressort Wirtschaft. Am 8. Dezember stellt sich Müller im Abgeordnetenhaus zur Wahl.