Fast 27 000 Tier- und Pflanzenarten gelten laut der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN als bedroht. Naturschützer warnen vor neuen Problemen durch Überfischung. Doch einige Schritte führen auch zu Erfolgen.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Gland - Die Bestände der Berggorillas und der Finnwale haben sich dank umfassender und langfristiger Schutzmaßnahmen erholt. Die Zahl der Finnwale habe sich seit den 1970ern auf rund 100 000 Exemplare ungefähr verdoppelt, teilte die Weltnaturschutzunion (IUCN) bei der Präsentation ihrer aktuellen Roten Liste mit. Zugleich warnten die Experten vor Problemen durch Überfischung. So seien 13 Prozent der Zackenbarsch-Arten weltweit und neun Prozent der rund 450 Fischarten im ostafrikanischen Malawisee vom Aussterben bedroht.

 

„Der Artenrückgang beeinflusst den Preis von Fisch weltweit erheblich und reduziert die Lebensmittelsicherheit für Millionen Menschen“, sagte die IUCN-Expertin Yvonne Sadovy. Von der Weltnaturschutzunion werden für die Rote Liste derzeit 97 000 Pflanzen- und Tierarten – von insgesamt etwa 1,7 Millionen bisher beschriebener Arten – unter die Lupe genommen. Fast 27 000 von ihnen gelten als bedroht. Das sind 10 000 mehr als noch vor rund zehn Jahren.

Zahl der Berggorillas von 680 auf 1000 angestiegen

Die Finnwale (Balaenoptera physalus) gelten nicht mehr als „stark gefährdet“, sondern sind nun als „gefährdet“ aufgeführt. Auch die Situation der Grauwale, die bisher als „vom Aussterben bedroht“ galten, habe sich verbessert. „Die Bestände dieser Wale erholen sich dank der Verbote von kommerziellem Walfang, internationalen Vereinbarungen und weiteren Sicherungsmaßnahmen“, sagte Randall Reeves von IUCN am Mittwoch im schweizerischen Gland.

Gute Nachrichten gab es auch zur Situation der Berggorillas (Gorilla beringei beringei). Nicht zuletzt durch Maßnahmen gegen Wilderer in ihrem Lebensraum hat sich ihr Bestand demnach deutlich vergrößert. Laut IUCN ist die Zahl der Tiere in den vergangenen zehn Jahren von etwa 680 auf mehr als 1000 gestiegen. Die Berggorillas leben in geschützten Gebieten in Ruanda, Uganda und in der Demokratischen Republik Kongo. Sie werden nun als „stark gefährdet“ und nicht mehr als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft.

Mit Blick auf die neue Einstufung machte die IUCN aber trotz der Erfolge deutlich, dass die Schutzmaßnahmen weiter fortgeführt werden müssten. Unter anderem müsse die Zahl der Touristen reduziert und ein enger Kontakt von Menschen zu den Gorillas vermieden werden.

Permanenter ökologischer Ausnahmezustand

„Einzelne Erfolge beim Artenschutz dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir uns in einem dauerhaften, ökologischen Ausnahmezustand befinden. Die weltweite biologische Vielfalt ist durch den Menschen in einem ständigen Krisenmodus gefangen“, erklärte Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland anlässlich der Vorstellung der neuen Roten Liste. Die positiven Beispiel zeigten aber auch, dass Naturschutz erfolgreich sein könne, wenn entschlossen gehandelt werde.

Eine bedenkliche Entwicklung sehen die IUCN-Experten bei einigen Holzarten. Die vermehrte Nachfrage in China nach Bau- und Möbelholz führe zu Raubbau in Afrika. Inzwischen stünden auch alle Arten des Adlerholzbaumes auf der Roten Liste. Bestandteile des Baumes würden in der Parfüm- und Duftindustrie gebraucht, was das Holz zu einem der teuersten der Welt mache.

Für die internationale Rote Liste schätzen Experten seit 1963 die Gefährdung einzelner Tier- und Pflanzenarten ein. Sie ermitteln dabei regelmäßig die Wahrscheinlichkeit für ein Aussterben der jeweiligen Art. Die untersuchten Spezies werden in Kategorien von „nicht gefährdet“ bis „ausgestorben“ eingeordnet.