Ein Umschlag mit der Briefmarke, der vor 174 Jahren verschickt worden ist, bringt bei einer Auktion im Ludwigsburger Forum eine Rekordsumme ein.

Ludwigsburg: Marius Venturini (mv)

Ludwigsburg - Welche Verkleidung Mister Adam getragen hat oder ob er überhaupt zum Maskenball erschienen ist, das ist in den verschlungenen Pfaden der Geschichte verloren gegangen. Eingeladen war er jedenfalls, von der Gattin des britischen Gouverneurs auf Mauritius höchstpersönlich. Im Jahr 1847 schrieb sie an „H. Adam Esq. Junr.“, verschloss den Umschlag und klebte eine rote Briefmarke darauf.

 

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Dass eben dieses Kuvert mitsamt Postwertzeichen 174 Jahre später einmal für die Weltrekordsumme von 8,1 Millionen Euro den Besitzer wechseln würde, das hätte sich die Dame wohl nie im Leben träumen lassen. Und schon gar nicht, dass dieses kleine Stückchen Papier in der oberen rechten Ecke einmal als die „Rote Mauritius“ zur Legende nicht nur in Sammlerkreisen werden würde.

Vom „Ball Cover“ existieren nur noch drei Exemplare

Im Ludwigsburger Forum versteigerte das Bietigheim-Bissinger Auktionshaus Gärtner den Umschlag am Samstagmorgen. Das Ausgangsgebot für das sogenannte „Ball Cover“, von dem weltweit nur noch drei Exemplare existieren, hatte bei vier Millionen Euro gelegen. Von vier Telefonbietern machte am Ende ein Sammler aus dem deutschsprachigen Europa das Rennen. Er möchte zunächst anonym bleiben.

Das sogenannte Aufgeld, also Steuern und Provision für das Auktionshaus eingerechnet, wird er rund zehn Millionen Euro bezahlen müssen. Die Auktion der Marke war gleich zu Beginn der Höhepunkt des Morgens, auch wenn bei den folgenden Versteigerungen ebenfalls bemerkenswerte Stücke unter den Hammer kamen – unter anderem eine Sammlung von Schriftstücken, Fotos und Gegenständen, von denen viele ihren Weg ins Weltall und zurück gefunden hatten. Sie brachte 3,3 Millionen Euro.

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Auktionator und Vorbesitzer eint die Liebe zur Philatelie

Die Rote Mauritius überstrahlte jedoch alles. Sie ist die „Schwestermarke“ der im kollektiven Bewusstsein noch bekannteren Blauen Mauritius, von der es weltweit von ursprünglich 500 nur noch zwölf geben soll. Von der Roten Mauritius sollen es noch 15 sein, ebenfalls von einst 500. Von den drei sogenannten „Ball Cover“-Exemplaren ist lediglich eines in privater Hand: Jenes, das nun in Ludwigsburg den Besitzer wechselte, befand sich bis zuletzt im Besitz des Millionärs Vikramm Chand. Die beiden anderen „Ball Cover“ befinden sich im Besitz von Queen Elizabeth II. sowie im Bestand der Philatelic Collection der British Library in London.

„Es ist mir sehr schwer gefallen, mich endgültig von dem Mauritius Ball Cover zu trennen“, schreibt Chand im Begleitbuch zur Auktion. Mit Auktionator Christoph Gärtner ist er seit mehr als einem Vierteljahrhundert freundschaftlich verbunden, sie teilen die Liebe zur Philatelie.

Briefmarke bleibt in Europa

Gärtner machte die Versteigerung im nicht nur coronabedingt eher luftig besetzten Forums-Saal selbstredend zur Chefsache und zeigte sich im Nachgang glücklich und zufrieden, zumal er zuvor von einer Summe von sechs bis sieben Millionen Euro ausgegangen war: „Der Käufer hat eine gute Entscheidung getroffen, er steht jetzt in einer Reihe von berühmten Vorbesitzern.“ Bevor Vikramm Chand 2007 in den Besitz des „Ball Covers“ kam, gehörte es unter anderem König Carol von Rumänien oder dem berühmten Auktionator David Feldman.

„Wir sind froh, dass das Ball Cover in Europa bleibt“, so Gärtner. Zuvor hatte es offenbar Kontakte zur Regierung Mauritius’ gegeben, gepaart mit Überlegungen, dass der Umschlag zurückgekauft werden solle. Nun kam es anders. „Der Höchstbietende ist eine Persönlichkeit, die aber nicht öffentlich in Erscheinung tritt. Er wird das Ball Cover sicher nicht so oft zeigen“, betont Christoph Gärtner, der nach einer Reihe von Erinnerungsfotos die Rote Mauritius auf der Ball-Einladung, diese Legende, endgültig aus den seinen in neue Hände gab.