Der Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes spricht dem Vorstand sein Vertrauen aus. Die Querelen mit der Geschäftsführung sind für die Ehrenamtlichen zweitrangig.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Gerlingen/Ludwigsburg - Als die Wahl zum Präsidium ansteht, schnellen die hellblauen Abstimmungskarten der Delegierten fast ausnahmslos in die Höhe. Auch sonst haben die Mitglieder des Kreisverbands Ludwigsburg des Roten Kreuzes bei der Hauptversammlung in der Stadthalle Gerlingen kaum etwas zu mäkeln. Kritik am Vorstand? Fehlanzeige. Kein Mitglied ergriff bei der Aussprache am Freitagabend das Wort. In Anbetracht der Verwerfungen auf höherer Ebene, die Ende Juni in der Kündigung des Geschäftsführers Manfred Hormann gipfelten, hatten Beobachter mit anderem gerechnet.

 

Die finanzielle Lage ist weiterhin angespannt

Nicht so der wiedergewählte ehrenamtliche Kreischef Walter Adler: „Wir sind positiv in die Versammlung gegangen.“ Kritik habe man nicht groß erwartet. Die Bereichsleiter hätten seit dem Weggang Hormanns gute Arbeit geleistet, und der Landesverband habe unterstützt, wo er konnte. Adler ließ in seinem Bericht die „schmerzhaften Entwicklungen“ des vergangen Jahres, etwa den Verlust des Rettungswagens am Ludwigsburger Klinikum, aber nicht außen vor. Dieser werde „nachwirken“, so der Kreischef.

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Die finanzielle Lage habe sich zwar gebessert, wofür der 78-Jährige auch Manfred Hormann, der nicht anwesend war, dankte. Aber der Kreisverband sei nach wie vor „schwach auf der Brust“. Der eingeschlagene Weg müsse konsequent weitergegangen werden. Konkreter wurde Walter Adler nicht. Dass der Ingersheimer und seine Vorstandskollegen den Kreisverband weiter auf Vordermann bringen müssen, darum beneidet ihn wohl keiner.

Mitglieder bemängeln Anspruchshaltung der Gesellschaft

Die Mitglieder schieben die schlechte Situation mit auf die Unkenntnis und Anspruchshaltung der Bürger. Wenn Vereine das Rote Kreuz für Veranstaltungen anfragten, dann würden sie alles Mögliche fordern, „aber Hauptsache, es ist billig“, echauffierte sich ein Bereitschaftsleiter. „Die Leute denken: Die haben Blaulicht oben drauf, das wird schon jemand zahlen.“ Der Mann, der seit 42 Jahren Mitglied im DRK ist, sieht aber auch, dass die Negativschlagzeilen, die der Kreisverband produziert hat, nicht hilfreich dabei seien, wenn es darum gehe, neue Mitglieder und Spendengelder zu akquirieren.

Ein anderer, der den Vorstand bei der Hauptversammlung als einziger der 166 anwesenden Delegierten nicht entlastete, wirft diesem vor, der schlechten Berichterstattung „nicht proaktiv“ entgegengewirkt zu haben. Was getan wurde, sei nicht genug gewesen. Und manche Entscheidung Hormanns, womit Geld eingespart wurde, habe der Vorstand „einfach so hingenommen“. Viele Ehrenamtliche seien wohl einfach froh, dass sich überhaupt jemand für das Amt des Kreischefs hergebe. Wenn es um die Besetzung von Ämtern gehe, unterscheide sich das DRK nicht von ähnlich strukturierten Organisationen. „Wahrscheinlich sagen in den meisten Vereinen auch 98 Prozent der Mitglieder zu allem Ja und Amen.“

Die Ortsvereine sind der Bezugspunkt für die Ehrenamtlichen

Den meisten DRK-Mitgliedern scheint es vor allem wichtig, dass es in ihren jeweiligen Ortsvereinen läuft. Und das tut es offenbar. „Wenn da das Miteinander passt, dann ist es egal, was die da oben mauscheln“, erklärt eine Ehrenamtliche. Eine andere, seit 47 Jahren beim DRK, schwärmt von der bunten Mischung aus Jung und Alt in ihrem Ortsverband. „Wenn es keinen Spaß mehr machen würde, dann wäre ich schon längst ausgetreten“, sagt sie. Andere verweisen auf die vielen „schönen Dinge“, die das DRK im Kreis auf die Beine stelle, wie zum Beispiel die Jugend- und Sozialarbeit.

Das sieht auch Walter Adler so. „Das reizt einfach“, sagt er über seinen Posten. Mitte August wird er mit seinen Vorstandskollegen zusammensitzen und über einen neuen Geschäftsführer beraten. Verbunden mit der Hoffnung, dass mit diesem die Querelen nicht weitergehen. Das wünschen sich wahrscheinlich auch die ehrenamtlichen Mitglieder.