Ein behördlicher Bericht zur Rotlichtbranche offenbart auch Fragwürdigkeiten der neuen Gesetzgebung.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Böblingen - Leonberg ist frei von Bordellen, allerdings wird dieser Zustand nicht allzu lange dauern. Diese Feststellungen sind in einem Bericht des Landratsamts zur Prostitution im Kreis Böblingen niedergeschrieben. Der Anlass, für den Bericht wie für die Schließungen der Rotlichtbetriebe in Leonberg zum Jahreswechsel, ist das neue Gesetz zum Schutz Prostituierter.

 

Nach Schätzungen der Polizei bieten kreisweit 200 bis 250 Frauen käuflichen Sex an, allerdings selten für längere Zeit. Wie in der Branche üblich, wechseln die Prostituierten nach spätestens drei Monaten die Stadt oder kehren zumindest vorübergehend in ihre Heimat zurück. Deutschstämmige Prostituierte sind eine seltene Ausnahme. Abgesehen von Kleinstbetrieben, konzentriert sich die Rotlicht-Branche an den bekannten Adressen: dem Erospark in Sindelfingen, dem C 33 und dem Sakura in Böblingen.

Nach der neuen Gesetzeslage müssen sich Prostituierte anmelden, bevor sie in einer Stadt ihre Arbeit beginnen. Zuvor müssen sie sich in Beratungsgesprächen über gesundheitliche Risiken und die Gesetze aufklären lassen. Andernfalls wird ihnen die Genehmigung verweigert, die sie stets bei sich tragen müssen. Im Kreis Böblingen übernimmt das Landratsamt die Beratung. Zwischen dem 1. November des vergangenen Jahres und dem 31. März haben sich 163 Frauen angemeldet.

Die Ämter führen eine Warteliste

Womit zu den bis zu 250 tatsächlichen Prostituierten eine Lücke klafft, nicht zuletzt, weil die Ämter auf die neue Aufgabe nicht ausreichend vorbereitet waren. Dies gilt keineswegs nur für den Kreis Böblingen. Im Landratsamt stehen rund 80 weitere Frauen auf einer Warteliste. Die Termine sind bis in den Juni hinein ausgebucht, und täglich gehen neue Anfragen ein.

Der Bericht offenbart auch Fragwürdigkeiten der neuen Gesetzgebung. Ein Zimmer in den Laufhäusern kostet 160 Euro pro Tag, 25 Euro davon fließen als Steuer in die Staatskasse. Womit, wie das Landratsamt vorrechnet, eine Prostituierte allein dafür bis zu 4960 Euro monatlich erwirtschaften muss. Weitere Mietkosten kommen hinzu, denn nach dem neuen Gesetz dürfen Prostituierte nicht mehr in den Zimmern schlafen, in denen sie Freier empfangen. Weil ohne Arbeitsvertrag keine Wohnung zu bekommen ist, bieten die Bordellbetreiber Übernachtungsmöglichkeiten an. Mindestens zehn, bis zu 50 Euro täglich werden laut den Behörden dafür fällig – in Zimmern mit bis zu acht Betten.