Der Streit über ein neues Gefängnis hat Rottweil zerrüttet: Am Montagabend haben Gemeinderäte ihre Bürger ausgebuht.

Rottweil - Es war eine hitzige Debatte, die sich die Rottweiler Bürger mit Vertretern der Politik geliefert haben. Neue Argumente wurden in der Versammlung zwar kaum noch vorgebracht. Aber um Argumente ging es eigentlich auch nicht mehr, sondern vor allem um Emotionen. Viele Bürger und Kommunalpolitiker haben sich im Streit um das neue Gefängnis längst nichts mehr zu sagen.

Die Menschen aus den kleinen Ortschaften Zepfenhan und Neukirch fühlen sich als Opfer der baden-württembergischen Justizpolitik, die mit großen Haftanstalten viel Geld sparen will. "Sind wir denn Menschen zweiter Klasse?", wollte ein Anwohner von Oberbürgermeister Ralf Broß (parteilos) und Vertretern der Landesregierung wissen. "Ihr regiert über unsere Köpfe hinweg", schimpfte ein anderer.

Einige der Kommunalpolitiker können diese Vorwürfe allmählich nicht mehr hören. Und so kam aus Reihen der Gemeinderatsmitglieder manch ärgerlicher Kommentar über die Bürgerinitiative gegen das Großgefängnis. Sogar einzelne Buhrufe gab es von den Politikern für die Bürger. "Viele von uns sind richtig gefrustet, weil die Menschen keine Argumente akzeptieren", sagte ein Gemeinderats-Mitglied später. Die Vollzugsanstalt sei wichtig, um Rottweil als Justizstandort im Mittleren Schwarzwald zu stärken, argumentieren die Befürworter. Die Anwohner fürchten hingegen um Sicherheit und Wohnqualität.

Gefängnis ist Teil des Plans "Justizvollzug 2015


Wirklich bringen wird der Streit über das Gefängnis vermutlich nichts mehr. Zwar wird der Gemeinderat wohl erst im Herbst endgültig über die Genehmigung für den Bau entscheiden. Aber die Gefängnis-Befürworter sind so eindeutig in der Mehrheit, dass die Bagger bald anrollen dürften.

Das Gefängnis in Rottweil ist Teil des Plans "Justizvollzug 2015" der Landesregierung. 13 kleine Gefängnisse sollen in den nächsten Jahren geschlossen und durch wenige große Vollzugsanstalten ersetzt werden. Das spart Geld. Ein neues Großgefängnis mit 500 Plätzen in Offenburg ist vor rund einem Jahr fertiggestellt worden. Die zweite, fast baugleiche JVA in Rottweil, sollte eigentlich 2014 oder 2015 stehen. Aber dieser Zeitplan ist kaum noch zu halten.

Die Gerichte in der Region freuen sich über den Zeitverzug. Denn wenn das große Gefängnis noch auf sich warten lässt, bleiben die kleinen Anstalten noch eine Zeit lang bestehen. Bislang sitzen Angeklagte vor Gerichtsverhandlungen in Tübingen, Hechingen, Oberndorf oder Villingen-Schwenningen oft im Gefängnis direkt neben dem Gerichtsgebäude. Durch die neue JVA werden die Entfernungen deutlich größer, dadurch können sich Hauptverhandlungen in Zukunft gerade im Winter schnell verzögern.