Teatime mit Törtchen für Tausende – wie geht es zu bei den Sommerpartys im Garten des Buckingham-Palasts? British, very british, hat unser Korrespondent Peter Nonnenmacher festgestellt.

Korrespondenten: Peter Nonnenmacher (non)

London - Am lustigsten ist es, wenn die Hüte fliegen. Wenn Wind aufkommt, die ersten dicken Tropfen fallen. Wenn kreischend alles, was Beine hat, in die Tee-Zelte flüchtet. Und die Königin seufzt: „Gott – nicht wieder wie im letzten Jahr.“

 

Zumindest lässt sich leicht vorstellen, dass sie das sagen würde. Denn Mai-Schauer gehören zu ihren Gartenpartys wie die Nationalhymne zum Erscheinen Ihrer Majestät. Andererseits kann es auch schrecklich heiß werden auf einer Royal Garden Party. Wenn plötzlich die Sonne auf den Buckingham-Garten brennt, rinnt den vor allem männlichen Gästen, die sich zu viel Kostümierung zugemutet haben, schnell der Schweiß in die steifen Kragen. Und den Schlips zu lockern oder die Weste auszuziehen ist ja nicht angesagt bei einem Besuch bei den Windsors. Bischöfe fangen an, in ihren roten Soutanen zu schmoren. Militärs müssen die Schirmmützen abnehmen, um sich Luft zuzufächeln. Nur Elizabeth II. und Prinz Philip – die kann offenbar überhaupt nichts erschüttern. Ihnen scheint kein Wetter etwas anhaben zu können. Die Queen ist wie ein Urgestein, um das herum die Abgesandten des „Lebens draußen“ sich kurzfristig und aufgeregt sprudelnd ergießen. Sie ist der Fixpunkt, um den sich ihre Feste, diese Spitzen-Daten des sozialen Kalenders in England, drehen.

Jeden Sommer drei Partys mit je 8000 Gästen

An die 250 solcher offiziellen Gartenpartys muss die Königin nun wohl schon gegeben haben, seit sie auf den Thron kam. Drei mal achttausend Menschen lädt sie jeden Sommer in den Garten ihres Buckingham-Palasts ein. 27 000 Tässchen Tee werden bei jeder dieser Veranstaltungen ausgeschenkt, ungeheure Mengen von Finger-Sandwiches, Erdbeertörtchen und Eiscreme-Becherlein werden ausgegeben. Vierhundert Bedienstete versorgen die Gäste unter den grün-weiß gestreiften Markisen am See.

Der 89-jährigen Monarchin hilft natürlich, dass sie ihren Part nach all den Jahren gut kennt. Ihre Gartenfeste laufen nach einem festen Muster ab. Kurz vor drei Uhr sammeln sich jedes Mal draußen vor den Toren die ehrgeizig bis verwegen ausstaffierten Gäste – unter den amüsierten Blicken der Passanten auf Constitution Hill und Grosvenor Place. Furios geblümte Sommerkleider mit goldblitzenden Handtäschchen, Gehröcke, bunte Seidenschals und Uniformen aller Art, schwere Amtsketten und enorme Perlengehänge, kuriose Kopfbedeckungen mit riesigen Pfauenfedern, winzige Fascinators, elegante Schirme und (irgendwo geliehene) Zylinderhüte: all dies drängt zur bewussten Stunde samt seinen Trägern in den begehrtesten aller Gärten im Herzen Londons. Und der Drang ist vollkommen nachzuempfinden. All diese Auserwählten wollen halt für ein Weilchen des wohligen Gefühls teilhaftig werden, auch dazu zu gehören – zur High Society, zur Aura des Hofes, zur britischen Crème de la Crème.