Der Unternehmer Bastian Yotta bereichert die aktuelle Staffel des Dschungelcamps mit einem Achtsamkeits-Ritual, das er allmorgendlich mit seinen Mitstreitern in den Tiefen des australischen Urwalds abhält.

Stuttgart - „I’m strong. I’m healthy. I’m full of energy!“ So schallt es derzeit aus dem australischen Dschungel in die Wohnzimmer der Zuschauer der RTL-Show „Ich bin ein Star – holt mich hier raus!“. Der Unternehmer und selbst ernannte Motivationscoach Bastian Yotta begreift seine Teilnahme im Promi-Zeltlager als Mittel zur Selbstvermarktung – schließlich machte der Bayer zuletzt mit seiner Geschäftspleite Schlagzeilen. Doch worum geht es bei der gemeinsamen Morgen-Routine, die er als „Miracle Morning“ unter seinen Mitstreitern eingeführt hat? Und wie sinnvoll ist ein solches Ritual?

 

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Ein bewusster Start in den Tag, der mit einem Morgen-Ritual beginnt, ist zunächst nichts Neues. Darüber sind sich Psychologen und Coaches aus aller Welt einig. Doch seit einiger Zeit sammeln sich tausende Videos von den unterschiedlichsten Morgen-Routinen mit den ausgefallensten Namen auf Youtube und auch internationale Motivations- und Persönlichkeitstrainer bieten individuelle Kurse an. „Bei Morgen-Ritualen geht es grundsätzlich darum, sich auf den Tag einzustimmen und zu sammeln, bevor das Gedankenkarusell zu kreisen beginnt und erste Stresshormone ausgeschüttet werden“, sagt Psychologe und Coach Frank Rebmann, Geschäftsführer des Institus Stärkentrainerteam in Stuttgart. Eine solche Absicht erscheint auch für die Teilnehmer des Dschungelcamps ratsam. Allerdings nicht auf die Art und Weise, wie es Yotta mit seinen Andacht-Kollegen praktiziere, kritisiert Rebmann.

„Miracle Morning“ schießt am Ziel vorbei

Das aus den USA stammende und vom schillernden Guru Hal Elrod entwickelte Konzept des „Miracle Morning“ klinge zwar schick, bediene sich letztendlich aber altbekannter und wissenschaftlich erforschter Bewusstseinsverschiebungen, die mithilfe von sechs Schritten zu einem ausgeglicheneren Tagesbeginn führen sollen. „Neben Meditation zählt auch Affirmation zu den sogenannten ,Life Savers’. Dabei formulieren Praktizierende positive Dinge, um ihr Glück zu fokussieren: Was hat mich gestern erfreut? Wofür bin ich dankbar? Worauf freue ich mich heute?“, sagt Rebmann. Diesen Ansatz verfolge Dschungelcamp-Guru Yotta allerdings nicht. Denn seine Affirmationen zielten auf eine schlichte Selbstüberhöhung ab, so Rebmann weiter. Durch kontinuierliches Aufsagen sollen sich die Camp-Bewohner stärker, gesünder und besser fühlen. Von dieser Praxis rät Rebmann ab: „In der Vergangenheit hat diese Form der Affirmation schon dazu geführt, dass Menschen nach einigen Monaten in therapeutische Behandlung mussten. Die Frustration oder auch Depression, die entstehen kann, wenn man sich etwas vorgaukelt, das Unterbewusstsein jedoch klar sieht, kann enorm sein.“

Positive Einstellung der Kandidaten hat nichts mit dem Ritual zu tun

Trotz allem sei eine veränderte Einstellung der Kandidaten festzustellen, die am Morgen-Ritual teilnehmen. „Die Camper haben eine bessere Energie. Sie laufen aufrechter und dynamischer durch den Dschungel“, sagt Rebmann. Allerdings vermittle Yotta, dass dies auf seine Schlachtrufe zurückzuführen sei. Vielmehr hänge eine positivere Tagesstimmung aber mit der körperlichen Praxis zusammen, die von der Harvard-Professorin Amy Cuddy erforscht wurde: Der physische Zustand nimmt demnach elementaren Einfluss auf den mentalen. Wenn die Kandidaten also beim „Miracle Morning“ die Arme hoch nehmen, führe allein diese Bewegung zu einer Ausschüttung von Glückshormonen, die Stress reduziere. „Sicherlich mag Yottas Andacht für den Teamgeist zuträglich sein. Zu einer persönlichen Veränderung der Kandidaten wird sie aber nicht beitragen“, so sagt Rebmann. Letztendlich betreibe Yotta nur ein Konzept der Selbstoptimierung, wie es vor allem in den USA beliebt sei, das aber mit psychologischem Coaching wenig zu tun habe.