Die Moderatorin von „Schwiegertochter gesucht“ kocht und gärtnert auch. Im Netz kann ihr jeder dabei zusehen, doch wie viel Show steckt in ihrem Alltag?

Digital Desk: Felix Frey (fog)

Stuttgart - Die flippige Fernsehmoderatorin Vera Int-Veen ist nicht gerade für Sternstunden des deutschen Privatfernsehens bekannt. Bekannt ist sie vielmehr für ihre Ansagen mit Alliteration bei „Schwiegertochter gesucht“, der RTL-Sendung, in der sich mutige Mädels bewerben können, um sich gegenseitig auszustechen beim Flirten mit einem der neun beziehungsbedürftigen Burschen.

 

Jetzt hat die Fernsehfrau das Internet entdeckt. Damit folgt sie dem Beispiel ihres RTL-Kollegen Dieter Bohlen, der sich bereits seit mehreren Monaten auf Instagram von seiner privaten Seite zeigt. Auch Vera Int-Veen teilt ihren banalen Alltag inzwischen mit über 50 000 Followern. Kochen, Garten, Familie und Freunde: das sind die Themen, die man verpasst, wenn man Int-Veen nicht folgt. Den Instagram-Account gibt es zwar bereits seit März 2017, richtig Fahrt aufgenommen hat ihre Onlinekarriere allerdings erst in diesem Frühjahr. Ende Mai gab sie ihrem Haussender RTL ein Interview, in dem sie sich erstmals öffentlich mit ihrer Ehefrau und Managerin Christiane zeigte. Am 2. Juni startete dann die 13. Staffel ihrer Kuppelshow „Schwiegertochter gesucht“. Noch im selben Monat eröffnete die Multitasking-Moderatorin ihren Youtube-Kanal „Veras Welt“. So hat es die 52-jährige geschafft, sich auf verschiedenen Plattformen als die nette Nachbarin ins Gespräch zu bringen, die eigentlich kein Star und erst recht kein abgebrühter Medienprofi sein will, sondern eine ganz Bodenständige, die noch selbst für die Familie kocht.

Man möchte bei so viel Durchschnittlichkeit fast vergessen, dass Jan Böhmermann vor drei Jahren unter dem Titel #verafake entlarvte, wie unprofessionell Vera Int-Veen mit den Teilnehmern von „Schwiegertochter gesucht“ umgegangen ist. Der Satiriker hatte heimlich Schauspieler eingeschleust, die dem Produktionsteam einen perfekten Protagonisten für die Sendung vorspielen sollten.

Die vom Liebesglück verlassenen Damen und Herren werden in der Show – so will es das Muster – als Randfiguren der Gesellschaft inszeniert. Je näher die Bewerber diesem Rand sind, desto mehr freut sich das Produktionsteam, kann es doch ein Kabinett der Sonderbaren inszenieren. Böhmermann lies seine Undercover-Schauspieler also als schlecht gekleidete, sich seltsam verhaltende Personen auftreten – eigentlich zu perfekt, um wahr zu sein, doch RTL biss an. Um diese Kandidaten in die Show nehmen zu können, wurde unter anderem großzügig über Hinweise auf eine Alkoholabhängigkeit hinweggesehen. Böhmermann zeigte, wie schamlos „Schwiegertochter gesucht“ naive und medienunerfahrene Menschen der Lächerlichkeit preisgab, über dreißig Drehtage hinweg, für eine Aufwandsentschädigung von 150 Euro. Nachdem der Skandal öffentlich wurde, tauschte die Produktionsfirma in Absprache mit RTL die zuständigen Mitarbeiter aus.

Drei Jahre später gibt es die Sendung immer noch – und Vera Int-Veen erarbeitet sich im Internet ein zweites Standbein. „Vera macht Mittag: Mit Claudia Effenberg!“ heißt das dreißigminütige Video, in dem Veras Ehegattin Hackfleisch, Kohlrabi und Topinambur-Knollen in der Küche abliefert und Vera damit alleine lässt. Ganz alleine bleibt sie jedoch nicht, denn übers iPad, das zufällig am Messerblock lehnt, wird Claudia Effenberg zugeschaltet. Sie hat Zeit, ihrer Freundin Vera mit Rat zur Seite zu stehen. Und selbst wenn Claudia Effenberg gerade zu beschäftigt gewesen wäre, um ein Schwätzchen zu halten: zumindest die Person hinter der Kamera würde Vera Gesellschaft leisten. Von persönlichen Einblicken und Authentizität kann also nur bedingt die Rede sein. Das Video weist eine Dramaturgie auf, es ist geplant und aufwendig produziert und wird nicht zuletzt von einem Küchengerätehersteller präsentiert. Rabattgutschein inklusive. Es ist das alte RTL-Erfolgsrezept, das längst auch im Internet Einzug gefunden hat: Scripted Reality.