Ascon Systems aus Stuttgart, der Gewinner des höchsten Preisgeldes, sorgt dafür, dass andere effektiver und schneller produzieren können. Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut sagte bei der Verleihung, gerade in den jetzigen schwierigen Zeiten seien Innovationen wichtiger denn je.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Erstmals wurde der Innovationspreis des Landes Baden-Württemberg den Preisträgern nicht persönlich überreicht. Die nach dem früheren Wirtschaftsminister Rudolf Eberle benannte Würdigung wurde dieses Jahr den damit ausgezeichneten Unternehmen per Videokonferenz übermittelt – durchaus passend zu den Firmen, die sich nun über etwas Geld und einen höheren Bekanntheitsgrad freuen können. Anstrengungen zur Digitalisierung in Unternehmen nämlich standen ganz weit vorne bei den Auszeichnungen. „Wir brauchen in dieser schwierigen Zeit mehr denn je innovative Ideen, die möglichst rasch auf den Markt gebracht werden können“, sagte die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut. Der Innovationspreis zeige den Willen der kleinen und mittleren Unternehmen, die Herausforderungen zu meistern. Das sei „entscheidend, um bestmöglich durch diese Pandemie zu kommen,“ erklärte die Wirtschaftsministerin. In diesem Jahr hatten sich 79 Unternehmen um den Preis beworben.

 

Digitale Zwillinge von Prozessen

Das Stuttgarter Unternehmen Ascon Systems, das sich auch als „The Digital Twin Company“ bezeichnet, hat zwar keinen Menschen geklont, wohl aber eine spezielle Software entwickelt. „Viele Firmen haben in den letzten 30 Jahren eine enorme Anzahl an IT-Systemen geschaffen“, sagt der Geschäftsführende Gesellschafter Mathias Stach. „Diese oft ganz unterschiedliche IT-Landschaft in der Planung und in der Produktion ist eine enorme Herausforderung auf dem Weg zur autonomen Fabrik“, so sein Befund. Das Stuttgarter Unternehmen hat eine Software entwickelt, die nicht weniger sein soll als ein digitaler Zwilling von Prozessen, Anlagen und Produkten. Von der Planung bis zur Fertigung sammelt dieser Daten und gibt den riesigen Mengen an Informationen eine Struktur, mit der man effizienter arbeiten kann.

„Die bisherigen Systeme müssen die Unternehmen also keineswegs wegwerfen oder erneuern“, meint der Sprecher der Geschäftsführung, „die vorhandenen können in den Wertschöpfungsprozess eingebunden werden.“ Haben die Kunden erst mal bei der Stuttgarter Softwareschmiede gekauft, brauchen sie nach den Angaben von Stach auch keinen fremden IT-Experten ins Haus zu holen, der bei Umstellungen Hand anlegt. Das kann nach den Worten des Geschäftsführenden Gesellschafters preiswerter und vor allem schneller geschehen. „Wenn Betriebsmittel wie Schrauber, Scanner oder Teilebehälter an einen anderen Platz verlegt werden sollen, dauert dies in der Regel bisher Wochen und Monate“, berichtet der Geschäftsführende Gesellschafter Alexander von Klein.

Ascon kennt Tücken von Anlagen und Maschinen

Dies auch deswegen, weil das Gerät nicht einfach an anderer Stelle wieder aufgestellt werden kann, sondern mit einem System zur Steuerung der Produktion verbunden ist. Dies bedeutet, dass auch zahlreiche Daten mit „umziehen“ müssen. „Unsere Software stellt den Abschnitt eines Fließbandes oder eine gesamte Linie in wenigen Tagen oder Stunden um“, sagt von Klein. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die „Digital Twin App“, die Planung und Fertigung optimieren und steuern kann. „Damit kann der Kunde Anpassungen und Umstellungen selbst machen“, erklärt Michael Gänsler, ebenfalls Mitglied der Geschäftsführung.

Im Unterschied zu anderen Softwareanbietern kennt Ascon offenbar auch die Tücken von Anlagen und Maschinen – und kann mit seiner Software darauf reagieren, wenn etwa ein Roboter einen Schweißpunkt an der falschen Stelle setzt oder Anlagen nicht korrekt laufen. Dann sind der digitale Zwilling und seine Algorithmen gefordert. Dieser übermittelt in Echtzeit, dass ein Problem vorliegt. „Man findet heute niemand, der in der Lage ist, dies so gut zu lösen wie wir“, meint Stach. Für seine Innovation erhielt das 2007 gegründete Unternehmen ein Preisgeld von 15 000 Euro. Immerhin soll bei Kunden beispielsweise die Planungszeit für eine Anlage oder die Fertigung eines Produkts um bis zu 75 Prozent und die Zeit für Nacharbeit, um Fehler an einem Produkt auszubessern, um bis zu 15 Prozent sinken. Stach und seine Kollegen streben nicht weniger an als „die fehlerfreie und weitgehend autonome Fabrik“.

Hoher Bedarf an Lösungen im IT-Bereich

Die Gründer hätten sich zusammengetan, „weil wir gesehen haben, dass es in der Industrie einen sehr hohen Bedarf an Lösungen für das Internet der Dinge gibt“. Dieser werde aber durch die vorhandenen Softwareanbieter nicht abgedeckt, berichtet Stach, der lange Zeit als Manager im IT-Bereich für Volkswagen und Audi gearbeitet hat. Dieses Jahr will Ascon Systems mit seinen inzwischen 80 Mitarbeitern den Umsatz von 6,5 auf zehn Millionen Euro steigern. „Vor allem in der Innovationsgüterindustrie sehen wir durch Corona ein deutlich wachsendes Interesse an Digitalisierung, Automation und autonomer Produktion“, berichtet Stach.