Die EnBW ist optimistisch, dass Ende 2016 mit dem Rückbau der beiden Blöcke in den Kernkraftwerken Philippsburg und Neckarwestheim begonnen werden kann. Dabei sollen auch Erfahrungen aus Obrigheim genutzt werden.

Philippsburg - Die Unterlagen für den Rückbau der beiden Blöcke 1 der Kernkraftwerke Philippsburg (KKP 1) und Neckarwestheim (GKN 1) sind noch nicht komplett. Der Betreiber EnBW ist jedoch optimistisch, mit dem Rückbau Ende 2016 beginnen zu können. Gleichzeitig kündigte der Energieversorger die Gründung einer konzerneigenen Rückbaugesellschaft an. Diese soll, erläuterte Jörg Michels von der EnBW Kernkraft GmbH, auch eine eigene Infrastruktur auf den Kraftwerksarealen schaffen. Bauanträge dafür sollen noch im Frühjahr eingereicht werden.

 

„Reststoffbearbeitungszentrum“ (RBZ) und „Standort-Abfalllager“ (SAL) nennt die EnBW die zusätzlichen Hallen, mit deren Bau Ende 2015 begonnen werden soll, wenn die Genehmigungen dafür erteilt sind – zuständig sind die Landratsämter der Kreise Karlsruhe und Heilbronn. Die dafür notwendigen Flächen sollen jeweils die Größe von ein bis zwei Fußballfeldern haben. Im sogenannten Reststoffbearbeitungszentrum sollen beispielsweise Reststoffe zerlegt und zudem verstrahlte Anlagenteile dekontaminiert werden – durch Abwaschen, Sandstrahlen und durch Ultraschallbäder.

Die anstehenden Arbeiten betrachtet die EnBW als komplex

Die EnBW gründet für Bau und Betrieb der „Reststoffbearbeitungszentren“ eigens eine neue Gesellschaft. Diese dürfte vergleichbar sein mit der vor Jahren schon gebildeten „Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe Rückbau und Entsorgungs- GmbH“ (WAK) im ehemaligen Forschungszentrum Karlsruhe, deren alleiniger Zweck der Rückbau stillgelegter kerntechnischer Versuchs- und Prototypanlagen war. Die jetzt anstehenden Arbeiten an den Blöcken 1 in Philippsburg und Neckarwestheim nannte der EnBW-Geschäftsführer Michels „anspruchsvoll und komplex“. Dabei setzt er weiterhin auch auf einen Teil der an beiden Standorten jeweils unverändert beschäftigten rund 800 Mitarbeiter. „Wir planen keinen Personalabbau“, sagte er.

Die in Gründung befindliche „Gesellschaft für nukleares Reststoffrecycling mbH“ stehe auch für den Einstieg „strategischer Partner“ offen. Die EnBW erhofft sich davon zudem die Entwicklung eines eigenen zukünftigen Geschäftsfeldes. Neben der Bearbeitung von Reststoffen sind Bauten für neue „Standortabfalllager“ geplant – als Zwischenlager von schwach- und mittelradioaktiven Stoffen aus dem Betrieb und Rückbau der Anlagen.

Michels strebt „einen zügigen und effizienten Rückbau an beiden Standorten“ an. Zu den Kosten für die zusätzliche Infrastruktur wollte sich die EnBW derweil nicht äußern. Eine Überraschung war allerdings die Ankündigung, dass der Abbau und die Zerlegung von Großkomponenten aus Philippsburg – dazu zählen Dampferzeuger und Wärmetauscher – jeweils am Standort Neckarwestheim erfolgen soll. Dazu müssen diese zunächst dorthin transportiert werden. Dafür komme die Straße oder der Wasserweg infrage, sagte ein EnBW-Sprecher. Wenn sie zerkleinert sind, werden die Teile zurück nach Philippsburg befördert – und dort recycelt und dekontaminiert.

Obrigheim wird seit 2008 zurüchgebaut

Das bereits 2005 stillgelegte Kernkraftwerk Obrigheim im Neckar-Odenwald-Kreis wird seit 2008 zurückgebaut. Inzwischen ist der Reaktordruckbehälter – das Kernstück der Anlage – zerlegt worden. Das Knowhow aus Obrigheim soll auch in die Arbeiten in Philippsburg und in Neckarwestheim einfließen, sagte Michels.

In Philippsburg war die angestrebte Ausdehnung des Zwischenlagers für Castoren zuletzt heftig diskutiert worden. Politiker in Stuttgart und im Berliner Bundestag hatten gefordert, zumindest einen Teil der wiederaufbereiteten hochradioaktiven Abfälle aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague in Philippsburg zwischenzulagern. Das stieß auf heftigen Widerstand von Bürgermeister und Gemeinderat. Derzeit sind in Hallen auf dem Kernkraftwerksareal 36 Castoren mit Abfällen aus Philippsburg untergebracht. Theoretisch sind 152 Stellplätze möglich.

Neue Gesellschaft soll neues Geschäftsfeld erschließen

Mit der Gründung einer neuen Gesellschaft will der Energieversorger EnBW den Abbau abgeschalteter Atomreaktoren vorantreiben und sich ein neues Geschäftsfeld erschließen. Die neue Gesellschaft soll an den EnBW-Kernkraftstandorten Philippsburg und Neckarwestheim ein Reststoffbearbeitungszentrum betreiben, teilte der Geschäftsführer der EnBW Kernkraftsparte, Jörg Michels, in Philippsburg mit. Die Verhandlungen zwischen Bilfinger und EnBW über eine Partnerschaft im Reststoffmanagement seien allerdings gescheitert, erklärte Michels. Über die Gründe des Scheiterns sowie über das mögliche Auftragsvolumen machte Michels keine Angaben. Der drittgrößte deutsche Energieversorger will nun andere Optionen prüfen. EnBW baut an den beiden Standorten Zentren zur Reststoffbearbeitung und Zwischenlagerung des atomaren Restmülls. Der Rückbau der beiden älteren Blöcke in Philippsburg und Neckarwestheim soll 2025 abgeschlossen sein.