Das Rad beim Radschnellweg dreht sich langsam: Auch in diesem Jahr hat es keinen Durchbruch bei der Trassenführung für die Route zwischen Reichenbach und Stuttgart gegeben. Knackpunkte sind nach wie vor die Strecken durch Esslingen und Plochingen.

Eigentlich hatte es so ausgesehen, als wolle man bei der Routenfindung für den Radschnellweg RS 4 durch den Kreis Esslingen nun ordentlich in die Pedale treten. Vor allem bei den beiden Abschnitten auf Esslinger und Plochinger Gemarkung, die wegen Unstimmigkeiten vorerst von der Vorzugstrasse ausgeklammert worden waren, wollte man Tempo machen. Letztlich ist man dieses Jahr aber nur in Trippelschritten vorangekommen. Trotzdem will das Land demnächst mit dem Bau eines Teilabschnitts des Radschnellwegs beginnen.

 

Nachdem das Land im Jahr 2023 eine Vorzugstrasse für den Radschnellweg zwischen Reichenbach und Stuttgart festgezurrt hatte, sollte es eigentlich in diesem Jahr richtig vorangehen bei der Radschnellverbindung durch das Neckartal. Doch in Esslingen hakt es weiter auf der Strecke zwischen Stuttgart und dem Alicensteg und in Plochingen gibt es immer noch keinen Konsens für eine Radwegführung durch den Landschaftspark Bruckenwasen. Ende des vergangenen Jahres hatte es noch geheißen, dass die Routenführung für die umstrittenen Abschnitte bis Ende 2024 stehen solle. Doch bislang hat man sich weder in Esslingen noch in Plochingen auf eine Strecke geeinigt.

Stadt Esslingen und Land prüfen weitere Radschnellwegrouten

Untätig war man allerdings auch nicht. In Esslingen hat die Stadt zusammen mit dem Regierungspräsidium Stuttgart im Sommer einen Workshop und Begehungen verschiedener Routenoptionen zusammen mit Interessensgruppen sowie Bürgerinnen und Bürgern organisiert. Dabei ging es um die Streckenführung zwischen der Stadtgrenze Stuttgart und dem Esslinger Alicensteg. Vier mögliche Routen wurden dabei begangen und besprochen: Eine davon würde von Stuttgart aus zunächst nördlich des Neckars verlaufen und über die Pliensaubrücke ans Südufer wechseln, drei würden durch die Pliensauvorstadt führen – und zwar entweder über Feldwege und Stuttgarter Straße oder in zwei verschiedenen Varianten durch die Parkstraße. Auf Grundlage der Hinweise aus Workshop und Begehungen prüfe man gemeinsam mit dem Regierungspräsidium nun weitere Trassen-Alternativen, heißt es von der Stadt Esslingen.

Auch in Plochingen hat man sich dieses Jahr erneut mit der Trassenführung für den Radschnellweg beschäftigt – und ist ein Stück weitergekommen. So haben sich Stadt und Land darauf geeinigt, eine Alternativroute zu der vom Land präferierten Vorzugstrasse zu untersuchen. Das Land favorisiert eine Strecke südlich der Fils durch die bestehende Bahnunterführung und den westlichen Teil des Bruckenwasens bis zu einer geplanten Radbrücke über den Neckar im Bereich der Wernauer Kläranlage. Die Alternativroute der Stadt hingegen soll durch eine neu zu bauende Bahnunterführung am südlichen Ende des Bruckenwasens führen, um eine Trasse durch den Landschaftspark zu vermeiden. Bislang hatte das Land die von der Stadt vorgeschlagene Route stets abgelehnt, nun aber will man sie doch genauer prüfen.

Kritiker protestieren gegen Radschnellwegroute in Plochingen

Unterdessen wurde in Plochingen neuer Unmut laut: Kritiker monieren, dass der Radschnellweg am Südufer der Fils entlang führen soll. Denn der Filsweg sei viel zu schmal für einen Radschnellweg – zumal dort oft sehr große landwirtschaftliche Fahrzeuge unterwegs seien. Eine Initiative rund um einen betroffenen Landwirt hatte ein Bürgerbegehren angestrengt mit dem Ziel, diese Planung zu verhindern. Obwohl dabei knapp 800 Unterschriften zusammenkamen, wurde das Bürgerbegehren vom Plochinger Gemeinderat zurückgewiesen. Der Grund: Ein von der Stadt bestellter Gutachter hatte formale und rechtliche Mängel erkannt. Die Initiative hat Widerspruch eingelegt, nun muss das Landratsamt in der Sache entscheiden.

Unterhalb des Eisbergs in Esslingen ist ein Abschnitt bereits auf Radschnellwegstandard ausgebaut. Foto: Melanie Braun

Abgesehen von den zwei strittigen Abschnitten steht die Vorplanung für den Radschnellweg zwischen Reichenbach und Stuttgart. Und das Land ist offenbar fest entschlossen, die Pläne bald umzusetzen. Im ersten Halbjahr 2025 werde man mit der Verlängerung der bestehenden Demonstrationsstrecke zwischen Ebersbach und Reichenbach bis zum Reichenbacher Bahnhof starten, teilt das Regierungspräsidium mit. Zudem habe man mit der Entwurfsplanung für die Strecke zwischen Plochingen und Reichenbach begonnen. Auch die Trasse vom Alicensteg bis Deizisau liege fest. Und unterhalb des Eisbergs in Esslingen habe man bereits den bestehenden Radweg saniert – dieser werde später Teil der Radschnellverbindung. Außerdem werde man voraussichtlich im Frühjahr die Ergebnisse der Auswertung von Workshop und Begehung in Esslingen vorlegen, heißt es vom Regierungspräsidium.

Radschnellweg im Kurzporträt

Grundlage
Im Jahr 2018 ist der Startschuss für die Diskussionen über den Radschnellweg RS 4 zwischen Reichenbach und Stuttgart gefallen. Eine damals erfolgte Machbarkeitsstudie ist Grundlage der Überlegungen für die Trassenführung auf der insgesamt rund 20 Kilometer langen Strecke.

Vorzugstrasse
Die Anfang 2023 vom Land festgelegte Vorzugstrasse für den RS 4 verläuft von der Stadtgrenze Stuttgart über Esslingen und Plochingen bis nach Reichenbach. Vorgesehen ist, dass die Route zunächst südlich des Neckars, am Alicensteg und an Esslingen-Sirnau vorbei verlaufen soll. Dann soll es ans Neckarnordufer gehen und in einem Bogen um das Kraftwerk Altbach herum. Bei der Schleuse Deizisau soll der Radweg wieder auf die Südseite des Neckars wechseln. Dann geht es weiter nach Plochingen und von dort aus über das Filsgebiet bis nach Reichenbach. Die Strecken auf Esslinger und Plochinger Gemarkung sind noch zu klären.