Rückblick auf den Super-Wahl-Sonntag 2024 Der Rechtsruck fiel im Kreis Esslingen moderater aus als in einigen Nachbarkreisen

Am 9. Juni waren die Wählerinnen und Wähler, aber auch die Wahlhelferinnen und Wahlhelfer gefordert. Foto: Marijan Murat/dpa

Am 9. Juni wurden auch im Landkreis Esslingen die Europa- und Kommunalwahlen abgehalten. Der Rechtsruck fiel moderater aus als in einigen Nachbarkreisen – und die kommunalwahltypischen Besonderheiten behielten ihre Gültigkeit.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Es war einmal mehr ein Mammutprogramm: vor allem für diejenigen, die den Wust an Stimmen für die Europawahl, die Regionalwahl, die Kreistagswahl und für die Gemeinderatswahlen auszählen mussten. Dafür lief es am 9. Juni und in den Tagen nach dem Super-Wahl-Sonntag – zumindest im Kreis Esslingen – weitgehend rund. Trotz einer, im Vergleich zum Jahr 2019, durchweg höheren Wahlbeteiligung, trudelten die Ergebnisse planmäßig und pünktlich, häufig sogar überpünktlich, ein.

 

Europawahl Auch im Landkreis Esslingen wurde, dem bundesweiten Trend gemäß, bei der Europawahl konservativer abgestimmt als noch fünf Jahre zuvor. Von einem erdrutschartigen Rechtsruck, wie vielleicht anderswo im Land, konnte allerdings keine Rede sein. Wahlgewinner waren die CDU (32,0 statt 29,8 Prozent), die AfD (13,1 statt 9,6 Prozent) sowie das erstmals angetretene Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) mit 4,1 Prozent. An Zuspruch eingebüßt haben die SPD (11,9 statt 13,7 Prozent), die Linke (1,8 statt 3,0 Prozent) und ganz massiv die Grünen, die von 23,2 auf 14,6 Prozent absackten. Hingegen konnten die FDP (7,3 statt 7,2 Prozent) und die Freien Wähler (5,1 statt 4,6 Prozent) vom allgemeinen Trend kaum profitieren.

Regionalwahl Anders als bei der Europawahl war das bei der Wahl zur Regionalversammlung, die bereits deutlich „kommunalwahltypischere“ Ergebnisse brachte. Hier landeten die Freien Wähler im Kreis Esslingen mit 18,8 Prozent (plus 1,6) hinter der CDU (28,5 Prozent, plus 4,8) wieder auf Platz zwei. Auch die AfD gewann deutlich an Stimmen hinzu (13,6 Prozent, plus 4,5). Größter Verlierer waren die Grünen, die 7,3 Prozentpunkte einbüßten und nur noch auf 16,4 Prozent kamen. Auch die beiden anderen Ampelparteien konnten ihre Anteile nicht halten. Die SPD (minus 1,2) landete bei 11,6 Prozent, die FDP (minus 1,6) bei 5,0 Prozent. Insgesamt stellt der Landkreis Esslingen 19 Mitglieder im 92-köpfigen Regionalparlament.

Kreistagswahl Paradoxerweise ist der Esslinger Kreistag seit der Wahl im vergangenen Juni mit sage und schreibe 94 Mitgliedern größer als die Regionalversammlung. Die Freien Wähler konnten ihr Ergebnis von 2019 exakt halten, kamen erneut auf 26,3 Prozent und stellen weiterhin die größte Fraktion. Auf Rang zwei stieß mit 22,8 Prozent die CDU vor (plus 3,7), während die Grünen im exakt gleichen Maß an Zustimmung verloren und nur noch 16,3 Prozent ins Ziel brachten. Die SPD (14,0 Prozent, minus 3,0), die FDP (5,7 Prozent, minus 0,7) und die Linke (3,9 Prozent, minus 0,7) verzeichneten ebenfalls Einbußen. Zugelegt hat hingegen auch hier die AfD: von 5,7 auf 10,8 Prozent.

Gemeinderatswahlen In den Städten und Gemeinden hingegen konnte die Rechtsaußen-Partei keinen großen Erfolg landen. Das lag zum einen daran, dass die AfD ihr Augenmerk nicht auf die kommunalpolitische Basisarbeit richtete und lediglich in Esslingen und Kirchheim mit eigenen Listen antrat. Zum anderen aber – und auch das zog sich im gesamten Landkreis durch die Statistiken – wurden die Ergebnisse immer „kommunalwahltypischer“ je tiefer es in die Städte und Gemeinden hineinging.

Sprich: Statt der Parteizugehörigkeit eines Bewerbers oder einer Bewerberin zählten deren Persönlichkeit und Bekanntheit vor Ort – und in aller Regel auch deren bisherige Präsenz im entsprechenden Gremium. Von einigen Ausnahmen einmal abgesehen, wurden – so sie denn wieder antraten – „bewährte Köpfe“ gewählt. Das ist beileibe kein neues Phänomen, sorgte aber erneut dafür, dass es Frauen, die in den Kommunalparlamenten schon zuvor in der Minderheit waren, sowie junge und mithin neue Kandidatinnen und Kandidaten sehr schwer haben, für den von den verschiedensten Seiten immer wieder eingeforderten Proporz zu sorgen.

Nach dem „Superwahljahr“

Rückblick
 Europawahl, Landtagswahlen in mehreren Bundesländern und eine ganze Reihe von Kommunalwahlen, unter anderem in Baden-Württemberg: Im „Superwahljahr 2024“ waren die Bürgerinnen und Bürger abstimmungstechnisch voll gefordert. In Teilen von Berlin musste sogar die Bundestagswahl von 2021 nachgeholt werden.

Ausblick
 Am 23. Februar 2025 dürfen die Bürgerinnen und Bürger – nicht nur die Berliner – erneut die Abgeordneten für den Bundestag wählen. Vom Jahr her entspricht das zwar dem regulären Turnus, hätte die Ampelkoalition keinen Schiffbruch erlitten, wäre der Wahltermin allerdings erst Ende September gewesen.

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