Was war im Jahr 2014 los in Stuttgart-Mitte? Es ist viel passiert. Von Auflösungen, über falsche Spendensammler und Falschparker bis hin zu Festbanketten auf der Straße. Teil 1 bringt den Rückblick auf die erste Hälfte des Jahres.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Januar

 

S-Mitte -

Januar

Die Auflösung des Handelshauses Maercklin C. F. Braun ist nicht mehr abzuwenden. Mit der Entlassung von 30 Mitarbeitern und dem Verkauf von Schaufensterpuppen werden gleich zwei Traditionsbetriebe Vergangenheit. Mit ihnen enden 250 Jahre Unternehmensgeschichte.

Die SSB stellt ihre Pläne für die Verlegung der Haltestelle Staatsgalerie vor. Gegner von Stuttgart 21 protestieren wegen zeitweiser Unterbrechungen der Stadtbahnlinien. Die allerdings kann das Verkehrsunternehmen nicht vermeiden. Die neue Haltestelle ist zwingende Folge des Tiefbahnhofs.

Für die Wahl eines Jugendrats in der Stadtmitte melden sich erneut zu wenige Bewerber. Die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle argwöhnt, dass der Grund fürs Desinteresse Enttäuschung über die Schwergängigkeit im Rathaus ist.

Falsche Spendensammler sind im Namen der Vesperkirche unterwegs. Die Polizei ermittelt erfolglos, die Gemeinde fühlt sich machtlos. Grundsätzlich gilt: Für die Vesperkirche wird nie auf der Straße Geld gesammelt. Jeder, der eine Spende erbittet, ist ein Betrüger.

Februar

Februar

Die Behindertentheatergruppe der Kulturinitiative Bohnenviertel muss ihre Sommerfestival Handicaptions absagen, weil die Stadt ihre Zuschüsse gestrichen hat. Eigentlich wollten die jungen Hobbydarsteller das zehnjährige Bestehen des Festivals feiern.

Die Ratsoberen erlegen den Bürgern in ihrem Zentrum strenge Vorschriften zum Baumschutz auf. Bis zu 10 000 Euro soll zahlen, wer ersatzlos fällt. Allerdings missachtet die Stadt selbst auf ihren Baustellen umgehend ihre eigenen Regeln, als erstes beim Umbau des Wilhelmspalais‘.

Der Sozialverein Trottwar gerät selbst in Not. Der Geschäftsführer Helmut Schmid gibt im zweiten Jahr in Folge ein Minus in der Bilanz bekannt. Eine Hilferuf an die Stadt verhallt ungehört. Zur Rettung des Vereins verzichten die Mitarbeiter auf einen Teil ihres Gehaltes.

März

März

Die Stiftung Geißstraße bittet darum, alte Fahrräder zu spenden, damit Flüchtlinge mobil werden. Der Erfolg ist derart groß, dass die Mitarbeiter mit dem Abholen der Zweiräder kaum nachkommen.

April

April

Der Bezirksbeirat Mitte will, dass Gastronomen nach 23 Uhr nicht mehr im Freien bewirten dürfen. Damit sollen die Zentrumsbewohner in ihrer Nachtruhe geschützt werden. Selbst der Landtag stützt die Initiative. Sie scheitert allerdings an bundesweitem Spott über Stuttgarter Spießigkeit.

Der Betreiber eines der illegale Bordelle narrt die Stadt. Nach einem Urteil in letzter Instanz musste er nach jahrelangem Rechtsstreit seinen Betrieb an der Leonhardstraße schließen – und eröffnet nach einigen Monaten erneut. Der Rechtsstreit beginnt von vorn.

Mai

Mai

Der Streit um das kommunalpolitische Thema des Jahres beginnt. Die Stadt beginnt, für die Straßenreinigung im Zentrum flächendeckend Gebühren zu verlangen. Nachdem die Rechnungen verschickt sind, flutet eine Protestwelle ins Rathaus. Im Herbst nimmt der Gemeinderat seinen eigenen Beschluss zurück.

Das Verkehrsexperiment mit dem sogenannten Shared Space in der Tübinger Straße gilt als gescheitert. Nichts hat gegen ständige Falschparker geholfen. Der Bezirksbeirat fordert gleichsam in Notwehr, die Fläche mit Bänken und Radständern zu verstellen. Der Gemeinderat schließt sich später an.

Bewohner des Leonhardsviertels veranstalten ein Festbankett auf der Straße. Mit der Aktion wollen sie gegen zunehmende Armutsprostitution und den Verfall der historischen Altstadt protestieren, vor allem aber gegen die Untätigkeit dagegen aus dem Rathaus.

Der Gemeinderat will den Bewohnern der Innenstadt flächendeckendes Anwohnerparken verordnen. Allerdings hat das Konzept seine Tücken und nachdem bekannt wird, dass Mitte-Bewohner für einen Parkausweis 450 Euro jährlich zahlen sollen, regt sich erster Protest. Er stammt vom Forum Hospitalviertel.

Juni

Juni

Die katholische Kirche erfreut sich ungewohnten Mitgliederzuwachses. Auf ihrem Haus an der Königstraße lässt Monsignore Christian Hermes Bienenstöcke aufstellen. Rund 100 000 der Insekten schwärmen fortan von dort aus das Grün im Zentrum an, um Honig zu produzieren.

Die Stadt gibt bekannt, dass sie an der Katharinenstraße ein Flüchtlingsheim eröffnen will – mit Blick auf den Straßenstrich. Bewohner des Nachbarhauses drohen mit einer Klage, protestieren letztlich aber vergeblich. Der Plan wird verzögert, aber beschlossen. In der Diskussion um Schutzmaßnahmen für die Flüchtlinge vor dem Rotlichtbetrieb gibt es bis heute kein greifbares Ergebnis.