Welche Personen, Unternehmen und Ereignisse haben die Wirtschaft in diesem Jahr bestimmt? Wir erinnern an die prägenden Gesichter und Geschichten.

Stuttgart - Unser Rückblick auf das Wirtschaftsjahr 2019 auf Personen, Unternehmen und Ereignisse: Von A wie Arbeitsplatzabbau bis Z wie Zölle.

 

Arbeitsplatzabbau

Im Autoland knirscht es gewaltig. Autobauer und Zulieferer streichen Tausende Jobs – allein bei Audi sind es rund 9500, bei Daimler mehr als 10 000 und bei Bosch mehr als 3500, andere wie etwa Conti schließen ganze Werke. Unternehmensbosse begründen die harten Einschnitte mit dem Strukturwandel und der Konjunkturflaute. Dies sorgt auch in anderen Branchen für einen massiven Sparkurs. Tausende Jobs etwa fallen bei der Deutschen Bank, bei Hewlett-Packard, Thyssen-Krupp und Siemens weg. Auch kleinere Firmen trifft es hart: WMF schließt gar die Kochtopfproduktion in Geislingen. (

Boeing

Ein Katastrophenjahr, das war 2019 aus Sicht des US-Flugzeugbauers Boeing. Im März löste der zweite Absturz einer Boeing 737 Max binnen kurzer Zeit eine nicht abebbende Reihe von Enthüllungen zu Mängeln in der Sicherheitskultur aus. Das Jahr ist vorbei – die Flugerlaubnis für die 737 Max ist immer noch nicht in Sicht.

Chemieabschluss

Der Tarifabschluss in der Chemie- und Pharmaindustrie hat Signalcharakter – zum Leidwesen der Arbeitnehmer. Sie müssen bis März 2022 mit Lohnerhöhungen von 1,5 und 1,3 Prozent auskommen. Zudem wurde ein individuelles Zukunftskonto für jeden Beschäftigten vereinbart – mit zunächst zwei und ab 2022 mit fünf freien Tagen pro Jahr, die man nehmen, auf einem Langzeitkonto ansparen oder sich auszahlen lassen kann. Ferner wurde die bundesweit erste Pflegezusatzversicherung für alle Arbeitnehmer auf den Weg gebracht.

Daimler

Im Mai hat Ola Källenius die Führung des Daimler-Konzerns übernommen – und muss gleich beweisen, dass er ein guter Krisenmanager ist. Daimler ist stark unter Druck geraten: Der Autobauer muss viel Geld investieren, um den epochalen technischen Wandel zu bewältigen, zu dem der Übergang zur E-Mobilität gehört; doch die Konjunktur geht auf Talfahrt, und US-Präsident Trump will Amerikas Autobauer mit unfairen Handelskriegen unterstützen.

E-Scooter

Die Frage nach der Mobilität der Zukunft hat sich im vergangenen Jahrzehnt mit Nachdruck gestellt. Jüngstes Ergebnis dieser Suche sind E-Scooter – elektrische Tretroller, die nicht getreten werden müssen. Seit Sommer 2019 sind sie in Deutschland legal – und tauchen in allen größeren Städten auf. Manche argwöhnen, die Städte seien schon voll genug, Ärzte klagen über Unfälle. Trotzdem gehören die Roller mittlerweile fast schon zum Straßenbild.

Frequenzauktion

Für das Zukunftsnetz 5G wurden die Frequenzen versteigert, keine Auktion in Deutschland dauerte bisher länger. Erst nach zwölf Wochen stand der Preis für die Telekom, für Vodafone, Drillisch und Telefónica fest: 6,6 Milliarden Euro. Die Bieter kritisieren, dass ihnen jetzt Geld für den schnellen Netzausbau fehle, und kündigen Kooperationen an. Bis das 5G-Netz steht, wird es aber noch einige Jahre dauern.

Glyphosat

Ist das weltweit am weitesten verbreitete Pflanzenschutzmittel, Glyphosat von Bayer, krebserregend? Diese Frage beschäftigt auch US-Gerichte. Kläger machen das Mittel für ihre Krankheit verantwortlich, sie wollen Schadenersatz. Bayer sieht keinen Zusammenhang.

Huawei

Darf er oder darf er nicht? In Deutschland debattieren Firmenchefs und Politiker, ob Chinas IT-Riese Huawei für das Zukunftsnetz 5G Technik liefern darf. Die gilt als günstig, innovativ und für manche unverzichtbar. Huawei steht aber auch unter Spionageverdacht. Der Ausgang? Offen.

IAA

Die Internationale Automobilausstellung (IAA) galt einst als Messe mit Weltrang. Alle zwei Jahre wurden in Frankfurt glänzende Premieren gefeiert. Weil zuletzt jedoch immer weniger Besucher kamen, sucht der Branchenverband VDA nun nach einem runderneuerten Konzept.

Jobwunder

Auch wenn es im Autoland knirscht, in der monatlichen Arbeitsmarktstatistik spiegelt sich dies (bislang) kaum wider. Die Zahl der Arbeitslosen ist so niedrig wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Krisenspuren gibt es aber: Die Zahl der Kurzarbeiter ist gestiegen, und die Firmen sind vorsichtiger bei Neueinstellungen – die Zahl der offenen Stellen ist gesunken.

KNV

Nach der Insolvenz des Stuttgarter Großbuchhändlers Koch, Neff & Volckmar (KNV) bebte die Buchbranche – auf die KNV-Leistungen sind viele Buchhändler und Verlage angewiesen. Inzwischen hat der Logistiker Zeitfracht KNV übernommen, die Erleichterung in der Branche ist groß. Für die in Bedrängnis geratenen Kleinverlage gibt es Ausgleichszahlungen.

Lagarde

Am 1. November hat Christine Lagarde das Präsidentenamt der Europäischen Zentralbank (EZB) übernommen. Mit ihr ist erstmals eine Frau und erstmals eine Juristin in diese Position gekommen. Die Französin will ihren eigenen Stil pflegen – an der Niedrigzinspolitik ändert sich so schnell jedoch nichts.

Morgan

Mit der US-Amerikanerin Jennifer Morgan führt erstmals eine Frau einen Dax-Konzern, mit einem Börsenwert von 150 Milliarden Euro ist SAP sogar der größte. Morgan agiert mit dem Deutschen Christian Klein in einer Doppelspitze, nach eigenen Bekunden versteht sich das Duo prächtig. Morgan sagte zu ihrem Führungsstil, sie wolle viel zuhören, sie sei gegen Frauenquoten und schätze flache Hierarchien.

Niedrigzinsen

Die Folgen der seit zehn Jahren währenden Niedrigzinsen, die zunehmend in Negativzinsen umschlagen, spüren Sparer immer mehr. Ihre Altersvorsorge wirft längst nicht mehr das ab, womit sie einst einmal gerechnet hatten. Experten gehen davon aus, dass die Phase der Niedrigzinsen noch weitere zehn Jahre anhalten wird. Kreditnehmer, das ist die andere Seite der Medaille, wird es freuen.

Osram

Ein Ziehen und Zerren ist der letztlich vollzogenen Übernahme vorausgegangen: Osram, Hersteller von Leuchtsystemen und halbleiterbasierten Lichtprodukten (LED), hat den Besitzer gewechselt. Das Unternehmen, einst dem Münchner Siemens-Konzern zugehörig, wird gegen den Widerstand der Belegschaft österreichisch: Anfang Dezember hat der Sensorenhersteller AMS Osram übernommen. Dabei waren die Pläne Anfang Oktober noch gescheitert. AMS hatte nicht genügend Anteile unter seine Kontrolle gebracht.

Plastiktüten

Verstörende Bilder von elend verendeten Walen, deren Mägen mit Plastikmüll gefüllt waren, und ein wachsendes Bewusstsein für Ressourcen haben der Plastiktüte in Deutschland den Garaus gemacht. Schon ab Januar soll sie ausgedient haben. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das Bundeskabinett kürzlich auf den Weg gebracht. Das Verbot soll eine freiwillige Vereinbarung mit dem Handel ersetzen. Dünne Obstbeutel bleiben aber erlaubt. (

Quantencomputer

Unterstützt unter anderem von deutschen Forschern hat Google ein gutes Jahr lang getüftelt. Dann konnte ein mit der ultraschnellen Quantentechnologie betriebener Supercomputer im Herbst eine spezielle Aufgabe in Rekordzeit lösen. Aber bis solche Computer praktisch einsetzbar sind, dürfte es noch dauern. Der Algorithmus, den Google genutzt hat, eignet sich schlecht für praktische, technische Anwendungen.

Retouren

Für 70 Milliarden Euro kaufen Verbraucher in Deutschland Waren im Internet – und senden jedes sechste Paket zurück. Dafür sollen sie zahlen, fordern Experten: Eine Gebühr von drei Euro könnte die Zahl der Retouren um 16 Prozent senken.

Schlecker

Das Ehinger Drogerieimperium Schlecker ging schon 2012 insolvent, war aber auch dieses Jahr wieder in den Schlagzeilen. Im Sommer mussten Lars und Meike Schlecker, die Kinder des einstigen Patriarchen Anton Schlecker, ihre Haftstrafen antreten.

Tesla

Elon Musk geht gern ungewöhnliche Wege. Im November kündigte der Tesla-Chef überraschend an, dass die erste europäische Gigafactory des Elektroauto-Pioniers im Umland von Berlin gebaut wird, das bisher nicht gerade als Hotspot für Autobauer bekannt war. Künftig sollen hier Batterien und Elektromobile produziert werden. Dies kann als Kampfansage an die deutschen Autobauer verstanden werden.

Uber

Vielerorts ist Uber bereits ein Synonym für Taxi. Dabei läuft es für den Fahrdienstvermittler nicht überall gut. Mal hat die App eine Lizenz in einer Stadt, mal verliert sie sie – wie kürzlich in London. Ähnlich volatil verhält sich auch die Uber-Aktie. Den Tag der Erstnotiz im Mai beendete sie mit mehr als acht Prozent Minus und hat seither weiter Federn gelassen.

Volocopter

Bonustipp für alle, die kurioses Flugzeugs mögen: schnell bei Youtube „Rotodyne“ suchen. Herrlich! Auch damals wollte man schon mitten in der Stadt landen können. Volocopter, die drohnenartigen Kleinflieger aus Bruchsal, stehen dagegen wirklich kurz vor dem Durchbruch. In Stuttgart war nach dem Demoflug im September nicht nur Winfried Kretschmann angetan. Im Rennen um das erste kommerziell betriebene Flugtaxi hat Volocopter derzeit die Nase vorn. In Singapur gibt es sogar schon einen speziellen Flughafen dafür.

Windkraft

Deutschland bekennt sich zum Klimaschutz – doch die Energiewende hat an Schwung verloren, der Ausbau der umweltfreundlichen Windenergie stockt. Lange Verfahren und massive Proteste verzögern neue Projekte. Ausgerechnet vor diesem Hintergrund plant Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) neue Abstandsregeln für Anlagen – und bringt so die Branche gegen sich auf. Der Plan bedeute den Todesstoß für die Windkraft, beklagen Unternehmen.

X-mas

Das Christkind soll es wieder richten – und dem Handel einen Sack voll Geld bescheren. In den letzten vier Wochen des Jahres machen Händler einen Großteil des Geschäfts. Und wenn das nicht reicht? Dann muss das Glücksschwein in der Neujahrswoche ran und X-mas-Gutscheine einlösen.

Yandex

Der IT-Konzern Yandex ist eine der wenigen wirtschaftlichen Erfolgsgeschichten Russlands. Von der im Land vor Google dominierenden Suchmaschine über Lieferdienste und Mailplattformen bis hin zu Taxis bietet man der US-Konkurrenz Paroli. Wladimir Putin will hier die Zügel anziehen. 2019 war das Jahr, in dem Russland nach chinesischem Vorbild die Kontrolle im Internet verschärft hat.

Zölle

Verschärfung der Zölle, Rücknahme der Zölle oder Annäherung? US-Präsident Donald Trump sorgt mit seinen Ankündigungen für reichlich Chaos. Seit mehr als einem Jahr liefern sich die beiden größten Volkswirtschaften, die USA und China, einen erbitterten Handelskrieg mit gegenseitigen Strafzöllen – nicht ohne Folgen. Der Streit schwächt die Weltkonjunktur, darunter leidet auch Deutschland als Exportnation.