Im Weissacher Schadensersatz-Streit wollen zwei Fraktionen den Betrag zumindest reduzieren.

Weissach - Rückendeckung für Ursula Kreutel: Zwei Fraktionen des Weissacher Gemeinderats halten es für nicht richtig, dass die einstige Bürgermeisterin und der Ex-Kämmerer Horst Haindl für die komplette Schadenersatzsumme aufkommen müssen, die das Verwaltungsgericht Stuttgart festgestellt hat.

 

Mehr als 223 000 Euro, so der Richterspruch, sollen die einstige Verwaltungschefin und der frühere Kämmerer gemeinsam bezahlen. Mit Zinsen und Verfahrenskosten dürfte ein Betrag von rund 300 000 Euro zusammenkommen. Die Höhe orientiert sich vornehmlich an den Aufwendungen, die Weissach für die nachträgliche Aufstellung von mehreren Jahresabschlüssen gehabt hat. Bürgermeister Daniel Töpfer hatte dafür den früheren Kämmerer von Fellbach als Honorarkraft angeheuert, der für seine knapp vier Jahre währenden Bemühungen inklusive Fahrtkosten 214 219 Euro erhalten hat.

Heute eher kritisch

Die Bürgerliste im Gemeinderat beantragt nun „die Überprüfung der Möglichkeiten eines Teilverzichts.“ Für den Fraktionsvorsitzenden Andreas Pröllochs stellt die Schadensersatzforderung in Höhe von rund 223 000 Euro „eine extrem hohe wirtschaftliche Belastung für Frau Kreutel und Herrn Haindl dar“.

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Auch den vier Jahre alten Ratsbeschluss, Ansprüche gegen Kreutel und Haindl geltend zu machen, sieht die Bürgerliste mittlerweile „eher kritisch“. Würde sich doch die Frage stellen, ob die Gemeindeprüfungsanstalt, das Landratsamt und der Gemeinderat selbst „damals noch mehr hätten tun können, um die Herbeiführung und Nacharbeitung der fehlenden Jahresabschlüsse durchzusetzen“.

Niemand hat sich bereichert

Noch deutlicher wird die Fraktion der Unabhängigen Liste: „Die entstandenen Kosten muss sich auch der damalige Gemeinderat zurechnen, weil er nicht für eine ausreichende Besetzung der Verwaltung gesorgt hat, die fehlenden Abschlüsse nicht hinreichend angemahnt und in Ausübung seiner Kontrollpflichten nicht für Abhilfe gesorgt hat“, argumentiert die Fraktionsvorsitzende Susanne Herrmann. Sie beantragt, dass die Gemeinde auf die Durchsetzung der finanziellen Forderung an Kreutel und Haindl „aus Billigkeitsgründen“ verzichtet.

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„Die formal fehlenden Abschlüsse haben nicht unmittelbar zu einem wirtschaftlichen Schaden geführt“, erklärt die Unabhängige Liste. „Finanzmittel wurden nicht verloren, bereichert hat sich niemand. Im Gegenteil: Aus der Amtszeit von Kreutel wurden erhebliche Rücklagen angesammelt, die heute noch die Grundlage für die Finanzsituation darstellen“, so Herrmann. „Ein Verzicht auf die Forderungen ändert an der guten wirtschaftlichen Situation der Gemeinde nichts.“