Konzerthalle in Stuttgart Architekten kritisieren Pläne für Schleyerhallen-Abriss
Für rund 400 Millionen Euro könnte die Schleyerhalle in Stuttgart abgerissen und neugebaut werden. Mehrere Stuttgarter Architekten schlagen etwas anderes vor.
Für rund 400 Millionen Euro könnte die Schleyerhalle in Stuttgart abgerissen und neugebaut werden. Mehrere Stuttgarter Architekten schlagen etwas anderes vor.
Für Veranstalter scheint es eine klare Sache zu sein: Die Schleyerhalle ist nicht mehr zeitgemäß. Deshalb soll sie durch einen Neubau an gleicher Stelle ersetzt werden. Die Stuttgarter Ortsgruppen von Architects for Future sowie Fridays for Future stellen sich nun öffentlich gegen diese Pläne. In einer Pressemitteilung stellen sie die Frage, warum man die Halle nicht saniere, anstatt sie abzureißen und neu zu bauen. „Eine rücksichtslose Abrisskultur und ein ‚Schneller, Höher, Weiter‘ darf in unserer heutigen Baukultur kein Ansatz mehr sein“, heißt es darin.
Begründet wird dies mit den Plänen der Stadt Stuttgart, bis 2035 klimaneutral zu werden. Die Aktivisten sagen, dass die Klima- und Umweltschäden des Bausektors von der Gesellschaft unterschätzt und von Politik und Wirtschaft vernachlässigt würden. Tatsächlich aber verursache der Bausektor und der Betrieb von Gebäuden in Deutschland und anderen Ländern des globalen Nordens rund 40 Prozent der Treibhausgasemissionen sowie 55 Prozent des Müllaufkommens. „Hunderte Millionen Euro für einen Ersatzneubau der Unterhaltungsindustrie kann sich unsere Stadt im Angesicht der Klimakrise nicht mehr leisten“, sagen die Architects for Future.
Laut einer Machbarkeitsstudie würde der Abriss der 40 Jahre alten Schleyerhalle sowie ein Neubau rund 400 Millionen Euro kosten. Dass die Halle nicht mehr der heutigen Zeit entspricht, wird vor allem mit drei Gründen erklärt: Die Halle ist 14 Meter hoch, mit Tricksen kommt man auf 16 Meter über der Bühne. Aber viele Künstler, etwa Helene Fischer, orientieren sich bei ihren Shows an Hallen, die mindestens 20 Meter hoch sind. Der zweite Grund ist die Kapazität: Bisher fasst die Halle 15 500 Zuschauer, ein Neubau könnte 19 000 Menschen Platz bieten. Und der Brandschutz ist nicht mehr aktuell.
Jan Ingo Haller ist eines der Mitglieder von Architects for Future. Der Stuttgarter Architekt sowie seine Mitstreiter halten die bisher erstellte Machbarkeitsstudie für unvollständig. „Diese konzentriert sich vor allem auf den Neubau“, sagt Haller. Oftmals werde Bauen im Bestand als zu teuer und risikobehaftet abgetan, aber man könne die Risiken minimieren, betont Haller. Auch sei es möglich, die Schleyerhalle um rund 5000 weitere Plätze zu erweitern – und dennoch einen Teil zu erhalten.
Zudem sei es Schätzungen zufolge für rund 60 Millionen Euro möglich, die Halle nach oben hin anzuheben sowie für 90 Millionen den Brandschutz und nötige Sanierungen durchzuführen, wurde berechnet. Der Preis für die energetische Sanierung wurde noch nicht ermittelt. „So kommt die Machbarkeitsstudie auf ein nicht vollständiges Untersuchungsergebnis“, heißt es von Architects und Fridays for Future. Und das Geld, das man bei einer Sanierung im Vergleich zum Abriss und Neubau spare, könne man anders einsetzen, schlagen sie vor: für Flächenentsiegelung, Maßnahmen der Klimaanpassung, Ausbau des ÖPNV und „eine sozial-gerechte Energiewende“.