Rückspiegel Wer Staat, Gesellschaft und Justiz angreift, ist ungeeignet

Die verfassungswidrige Remigration ist eines der Hauptziele der AfD. Mit solchen Positionen sollten Gerichtsämter verschlossen bleiben. Foto: dpa

Wenn Politiker mit rassistischen und antidemokratischen Positionen in verantwortungsvolle Gerichtsämter wollen, besteht höchste Gefahr, meint unser Redakteur.

Böblingen: Martin Dudenhöffer (dud)

Wer hierzulande Urteile spricht, muss sich an die Grundsätze des demokratischen Rechtsstaats halten. In Deutschland können wir auf die Gesetzestreue von Berufsrichtern und ihren ehrenamtlichen Pendants glücklicherweise überwiegend vertrauen – selbst dann, wenn uns Urteile nicht gefallen mögen. Was ist aber, wenn dort Menschen miturteilen, die Kernelemente unserer Verfassung nicht verteidigen, sondern sie bekämpfen?

 

Wenn am Jahresende 290 ehrenamtliche Richter am Verwaltungsgericht Stuttgart neu besetzt werden, könnten aus dem Kreis Böblingen auch sieben Vertreter des hiesigen AfD-Kreisverbands in diese Ehrenämter gewählt werden. Nicht alle auf der AfD-Vorschlagsliste, die ohne Einwand durch den Böblinger Kreistag ging, fallen mit problematischen Äußerungen auf, die an ihrer Eignung zweifeln lassen könnten. Einer tut dies durch sein Auftreten in den sozialen Medien aber schon, und zwar der Kreisrat Thomas Hartung.

Verbale Angriffe auf vielen Ebenen

Seine Postings entsprechen zweifellos den Parolen und Programmatiken der Partei, die in Baden-Württemberg gerichtlich bestätigt als „rechtsextremer Verdachtsfall“ geführt werden darf. Mal werden Menschen mit Behinderung in empörender Art und Weise diffamiert, mal wird die deutsche Justiz – in die der Laienrichterkandidat möchte – als nicht-unabhängig dargestellt. Auch Journalisten werden wegen kritischer Fragen absurde Vorwürfe gemacht.

Vor allem greift der AfD-Funktionär aus dem Kreis Böblingen in dieselbe rassistische und antidemokratische Kiste, aus der sich auch Parteikollegen wie Miguel Klauß und Björn Höcke regelmäßig bedienen. Dass er deutsche Staatsbürger migrantischen Ursprungs, die im Sport Höchstleistungen erbringen, die staatsrechtliche Zugehörigkeit zu diesem Land abspricht, ist das wohl deutlichste Beispiel einer fehlenden Eignung für das Amt. Wer beispielsweise dem verfassungswidrigen Spruch eines Facebook-Users („Jede Schwalbe, die im Kuhstall geschlüpft ist, bekommt einen Rindvieh-Ausweis“) offensichtlich zustimmt und sich auf Nachfrage nicht revidiert oder entschuldigt, hat in einem verantwortungsvollen Amt, das jeden in diesem Land rechtlich schützen soll, nichts verloren.

Verfassungswidrige Agenda

Denn eines ist klar: Die Unterscheidung von Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund, wie sie die AfD regelmäßig selbstbewusst propagiert, ist nicht nur menschenfeindlich, sondern auch eine Verletzung des Grundgesetzes. Das haben etliche Gerichte wie das Verwaltungsgericht München, das Oberverwaltungsgericht Münster oder das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig betont. Dass ranghohe Parteifunktionäre der Rechtsaußenpartei weiterhin davon träumen, Millionen von Menschen aus Deutschland zu vertreiben und einen ethnischen Volksbegriff vertreten, ist ein gnadenloses, rassistisch begründetes Programm zur Umgestaltung von Staat und Gesellschaft. Ebenfalls besonders verachtenswert: Das gelöschte Tiktok-Video, das der AfD-Kreisverband 2023 hochlud und nach einer Abmahnung der Benjamin-Blümchen-Markeninhaber wieder löschen musste.

Noch sind Fälle von Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern mit verfassungsfeindlichen Einstellungen ein Randphänomen. Damit das auch zukünftig eine Ausnahme oder gar ausgeschlossen ist, muss über die Ambitionen radikaler Parteivertreter aus dem rechtsextremen Spektrum aufgeklärt werden. Sonst wird die Justiz das nächste Betätigungsfeld, das die AfD angreift.

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