Das Ministerium für Verbraucherschutz will fünf Mineralbrunnen schließen – wegen offenbar harmloser Rückstände. Doch der Verwaltungsgerichtshof hat Bedenken.

Mineralwasser - Ein kleines Sprudelfläschchen kann durchaus zum Politikum werden. Mit skeptisch prüfendem Blick inspizierte ein Zuschauer im Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg am Donnerstag eine kleine Plastikflasche, die Vertreter des Landes mitgebracht hatten. Es war ein billiges Wasser aus dem Discounter – und wurde süffisant als politisches Signal gewertet, dass die Fachleute kein Produkt der Quellen trinken, gegen die sie vor das Mannheimer Gericht zogen.

 

Das Ministerium für Verbraucherschutz will fünf Mineralquellen schließen, weil es darin Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln gefunden hatte. Doch die Brunnen aus dem Land – Fontanis (Sachsenheim), Aqua Römer (Göppingen), Teusser (Löwenstein, Kreis Heilbronn), Biberacher Mineralbrunnen und Eico-Quelle (Wallhausen (Kreis Schwäbisch Hall) – wehrten sich auf juristischem Wege.

„Ein Eingriff in die Grundrechte“

Mit Erfolg: schon das Verwaltungsgericht Stuttgart widerrief die Schließung. Und auch bei der Berufungsverhandlung beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim meldete der Vorsitzende Richter erhebliche Zweifel an, dass diese Vorgehensweise korrekt ist. Die Schließung sei als „erheblicher Eingriff in die Grundrechte“ zu bewerten. Dafür brauche das Land eine gesetzliche Grundlage. Doch weder in der gültigen Bundesverordnung noch in einer EU-Richtlinie finden sich entsprechende Grenzwerte. „Diese Basis erscheint uns relativ dünn“, sagte der Richter.

Im Kern geht es um die Frage, ob zwei Stoffe in Mineralwasser geduldet werden können. Es geht dabei um Umbauprodukte von synthetischen Pflanzenschutzmitteln mit dem sperrigen Begriff nicht-relevante Metaboliten (siehe „Keine Gefährdung, aber dennoch umstritten“). Das Ministerium für Verbraucherschutz will die besagten fünf Quellen schließen, weil es Spuren dieser Stoffe in deren Wasser gefunden hatte. Damit will die Behörde keineswegs gesundheitliche Gefahren von Verbrauchern abwenden. Denn die Stoffe gelten als gesundheitlich unbedenklich.

Was heißt „ursprünglich rein“?

Es geht vielmehr um die Ansprüche, die Verbraucher an die Reinheit von Mineralwasser stellen dürfen. Als solches deklariertes Wasser werde nur dann dem gesetzlichen Anspruch gerecht, ursprünglich rein zu sein, wenn sich dort keinerlei Spuren menschlichen Wirtschaftens feststellen ließen, argumentiert das Ministerium. Die beiden in geringer Konzentration gefundenen Elemente stammten jedoch aus der Landwirtschaft und seien somit Rückstände menschlichen Tuns – nämlich sogenannte anthropogene Stoffe.

Für das Gericht wiegt allerdings auch der Schutz von Unternehmen durchaus schwer. „Uns stellt sich die Frage, ob jeder auch noch so belanglose anthropogene Stoff einer Zulassung entgegen steht“, argumentierte der Vorsitzende Richter. Eine öffentliche Gefahr gehe von den Stoffen nicht aus. Ebenso wenig lasse sich die Schließung mit bloßem Verbraucherschutz oder einer Beeinträchtigung des freien Handels begründen. Erst kürzlich habe der Bundesgerichtshof geurteilt, dass „kein Verbraucher eine völlige Reinheit erwartet“, sagte der Richter. Das gelte selbst dann, wenn Etiketten wie „natürlich“ oder „Bio“ auf dem Produkt klebten.

Wasser auf die Mühlen der Verteidigung

Die richterliche Argumentation war Wasser auf den Mühlen für den Anwalt der fünf Mineralbrunnen. „Es droht hier nicht der Untergang des Abendlandes“, sagte er. Es gehe vielmehr „um die Gefährdung der Wirtschaft und um Arbeitsplätze“.

In Leitungswasser kommen die strittigen Stoffe wesentlich häufiger vor, auch meist in höheren Mengen als bei den fünf beanstandeten Quellen. Der Verbraucherschutzverband in Baden-Württemberg hält das Vorgehen des Ministeriums für korrekt. Die relativ hohen Preise, die für Mineralwasser verlangt würden, bedeuten nach Ansicht des Verbands auch, dass die Hersteller deutlich höhere Standards erfüllen müssten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin hält das Ansinnen für problematisch, die umstrittenen Metaboliten faktisch auszuschließen . Die Stoffe seien eben vor allem in landwirtschaftlich geprägten Gegenden fast allgegenwärtig.

Ein steiniger politischer Weg

Auch wenn die Tendenz des Gerichts eindeutig anklang: noch stehe das Urteil nicht fest, betonte der Vorsitzende Richter. Es soll erst in einigen Wochen endgültig gefällt werden. Sollte sich die Tendenz aber verfestigen, dann bliebe dem Ministerium nur ein steiniger Weg. Es könnte versuchen, beim Bund darauf hin zu wirken, dass er Grenzwerte für Metaboliten in seine Mineralwasserverordnung aufnimmt.

Das dürfte schwierig werden, weil es Bundesländer gibt, die völlig konträrer Ansicht sind. Für Bayern beispielsweise wiegt die Wirtschaftsfreiheit schwerer als die Verbannung von Stoffen, die gesundheitlich unbedenklich sind. Der Bund hat zwar damit begonnen, seine Richtlinie zu überarbeiten. Zunächst fanden sich dort auch Aussagen zu den umstrittenen Stoffen. Diese sind aber inzwischen verschwunden.