Offenbar aus Verärgerung über das Verhalten des Aufsichtsrates gibt Rüdiger Grube seinen Posten als Chef der Deutschen Bahn mit sofortiger Wirkung ab. Seinen Nachfolger erwarten schwere Aufgaben. Denn der Staatskonzern steckt tief im Defizit.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Es soll richtig gekracht haben. Wutentbrannt habe Rüdiger Grube am Montag den völlig verdutzten Aufsichtsräten der Deutschen Bahn (DB) seinen sofortigen Rücktritt mitgeteilt, sagen Teilnehmer. Dabei schien die Sondersitzung des Kontrollgremiums, zu der sich die 20 Aufseher des größten deutschen Staatskonzerns im DB-Tower am Potsdamer Platz in Berlin versammelt hatten, nur noch Formsache zu sein.

 

Die Vertragsverlängerung für den 65-jährigen Manager, der seit knapp acht Jahren eines der weltweit größten Transportunternehmen leitet, war jedenfalls bereits nach der letzten Aufsichtsratssitzung Mitte Dezember angekündigt worden. Allerdings blieben wichtige Details offen – etwa die Frage, ob Grube, dessen bisheriger Vertrag Ende 2017 ausgelaufen wäre, zwei oder drei Jahre länger machen soll und ob sein Grundgehalt von 900 000 Euro aufgestockt wird. Darüber waren sich die Aufsichtsräte auch in den Tagen vor der Krisensitzung noch nicht einig, in der es vor allem um die Probleme im Güterverkehr und die harten Einschnitte bei Europas größter Güterbahn DB Cargo gehen sollte: Seit mehr als einem Jahr verweigert die Arbeitnehmerbank den Rotstiftplänen Grubes die nötige Zustimmung; das Sanierungskonzept „Zukunft Bahn“ ist deshalb nicht umsetzbar.

Grubes Streichpläne sind umstritten

Schon beim Treffen des Aufsichtsrats im Dezember drohte deshalb sogar die Blockade der gesamten Mittelfristplanung des Konzerns, was seit der Bahnreform 1994 ein einmaliger Vorgang gewesen wäre. Auch SPD- und Regierungsvertreter im Aufsichtsrat hatten signalisiert, die Zustimmung zu verweigern, sollte Grube an den Streichplänen bei DB Cargo festhalten. Erst in letzter Minute wurde deshalb das strittige Thema auf eine außerordentliche Sitzung vertagt.

Die Meinungen über den Bahnchef gehen auseinander

In dieser schwierigen Gemengelage kam der Aufsichtsrat unter Leitung des Vorsitzenden Utz-Hellmuth Felcht am Montagmorgen zusammen. Zuvor hatte das Präsidium wie üblich in kleiner Runde die anstehenden Fragen besprochen, dem neben Felcht sein Vize Alexander Kirchner, Chef der Eisenbahngewerkschaft EVG, sowie Konzernbetriebsratschef Jens Schwarz und Staatssekretär Michael Odenwald als Vertreter der Bundesregierung angehören. Umstritten war die neue Vertragsdauer nicht nur wegen Grubes Sanierungsplänen, auch die Bilanz des Ex-Daimler-Managers wird im Aufsichtsrat höchst unterschiedlich bewertet. Fest steht, dass der größte Staatskonzern unter Grube so tief wie nie ins Defizit geriet und angekündigte Umsatz- und Gewinnziele verfehlt wurden.