Der Rücktritt des DFB-Präsidenten macht endlich den Weg frei für eine lückenlose Aufarbeitung der Vorgänge um die Vergabe der WM 2006, kommentiert StZ-Sportchef Peter Stolterfoht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Frankfurt - Ob Theo Zwanziger wohl eine gute Flasche Pfälzer Wein aus dem Keller geholt hat – um anzustoßen auf den Tag der Entscheidung beim Deutschen Fußball-Bund? Hoffentlich hat er es bleiben lassen, auch wenn sein Intimfeind und Nachfolger Wolfgang Niersbach nun nicht mehr im Amt ist. Als Sieger geht nämlich auch ganz bestimmt nicht der ehemalige DFB-Präsident aus dieser skandalösen deutschen Fußball-Geschichte hervor, nachdem seine Rolle rund um die rätselhafte Zahlung an die Fifa ebenso wenig geklärt ist wie die des damaligen DFB-Generalsekretärs Niersbach. Wenn sich gestern einer selbst gratulieren durfte, dann war das noch am ehesten Wolfgang Niersbach, der mit seinem Rücktritt diesmal die absolut richtige Entscheidung getroffen hat.

 

6,7 Millionen Euro sind im Zuge der WM-Vergabe 2006 in dunkle Kanäle geflossen. Man könnte deshalb auch sagen, dass es 6,7 Millionen gute Gründe für diesen Rücktritt gegeben hat. Spätestens seitdem klar ist, dass Niersbach nicht die Wahrheit gesagt hat. Er habe erst in diesem Jahr von der Zahlung erfahren, hatte der 64-Jährige erklärt. Aussagen von Franz Beckenbauer und öffentlich gemachte handschriftliche Niersbach-Notizen machten den Präsidenten jedoch immer unglaubwürdiger. Dazu kam sein desaströses Krisenmanagement, das in einer an Peinlichkeit kaum zu überbietenden Pressekonferenz gipfelte. Dort konnte Niersbach keine verständlichen Erklärungen zum Verwendungszweck der ominösen 6,7 Millionen Euro geben. Stattdessen tauchten immer neue Fragen auf, die Niersbach nun auch vor seinen Kollegen aus dem Präsidium nicht zufriedenstellend beantworten konnte.

Niersbachs Rücktritt macht den Weg endlich frei für eine lückenlose Aufarbeitung der Vorgänge um die WM-Vergabe, über die der ehemalige Journalist offensichtlich mehr weiß, als er zugibt. Auch dem Imageverlust, den der weltgrößte Sportfachverband erlitten hat, ist nach den Ruf ruinierenden Razzien der Steuerfahndung etwas entgegengesetzt worden. Außerdem ist der DFB mit der WM-unbelasteten Interimsdoppelspitze Reinhard Rauball und Rainer Koch nach führungslosen Wochen jetzt wieder handlungsfähig.