Die Opposition im Bundestag lobt US-Präsident Obama für seine Rückzugspläne aus Afghanistan. Und fordert das Gleiche für die Bundeswehr.

Berlin - Die Opposition nutzt die Rückzugspläne von US-Präsident Barack Obama, um die deutsche Debatte über einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan zu forcieren. Die schwarz-gelbe Bundesregierung müsse nun dem amerikanischen Beispiel folgen und ebenfalls einen konkreten Zeitplan vorlegen. Obama hatte zuvor erklärt, dass noch in diesem Jahr die ersten US-Soldaten Afghanistan verlassen werden.

 

SPD-Fraktionsvize Gernot Erler forderte von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP), dass auch sie darlegen müssten, wie die Übergabe der Verantwortung an die Afghanen aussehen solle. Nur wenn der international vereinbarte Übergabeprozess bis 2014 eingehalten werde, bestehe eine Chance auf Erfolg, erklärte der Außenpolitiker.

Trittin fordert Abzugsplan bis zum Herbst

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte am Donnerstag in Berlin: „Obama leitet die dringend nötige Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanische Regierung ein.“ In Deutschland müsse die Zeit „vager Floskeln und schwammiger Ankündigungen“ daher vorbei sein. Er forderte spätestens bis zum Herbst einen konkreten Abzugsplan für die Bundeswehr in Afghanistan und den Beginn der Truppenreduzierung bis zum Jahresende.

Die Truppenobergrenze solle im nächsten Afghanistanmandat signifikant abgesenkt werden. Allerdings dürfe das deutsche Engagement bei der Korruptionsbekämpfung oder beim zivilen Aufbau des Landes auch nach einem Abzug des Bundeswehr nicht enden, sagte Trittin.

Für die Linken käme ein Ende des Bundeswehreinsatzes 2014 deutlich zu spät. Der Abzug solle sofort eingeleitet und bis Ende des Jahres abgeschlossen werde, forderte der verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion, Paul Schäfer. „Ein wirklicher Friedensprozess ist nicht in Sicht und wird mit Soldaten auch nicht zu erzwingen sein.“ Zwtl: Westerwelle bekräftigt Truppenreduzierung Außenminister Westerwelle bekräftigte in der sudanesischen Hauptstadt Khartum, dass Deutschland seine Truppen ebenfalls bald reduzieren wolle. Ende des Jahres sollen die ersten Soldaten zurück in die Heimat kommen. Durch Obamas Rede und dessen klares Bekenntnis zur internationalen Afghanistanstrategie werde die Abzugsperspektive konkret, lobte auch der FDP-Politiker.

Kirsch fürchtet höhere Gefahr für Bundeswehrsoldaten

Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, befürchtet dagegen, dass der US-Truppenabzug die Gefahr für die Bundeswehr verschärfen könnte. Man müsse höllisch aufpassen, dass die Reduzierung des amerikanischen Kontingents nicht unmittelbare Auswirkungen auf die Unterstützung im Norden des Landes habe, sagte Kirsch der „Mitteldeutschen Zeitung“.

Obama hatte in einer Fernsehansprache am Mittwochabend (Ortszeit) in Washington angekündigt, noch in diesem Jahr 10.000 US-Soldaten vom Hindukusch abzuziehen, bis Sommer 2012 sollen weitere 23.000 folgen. Ende 2014 soll der internationale Militäreinsatz nach einer Vereinbarung der ISAF-Partner endgültig beendet werden. Bislang sind die US-Streitkräfte noch mit über 100.000 Mann in Afghanistan präsent. Die personelle Obergrenze der Bundeswehr liegt bei 5.350 Soldaten.