Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)
Am Mittwoch wird sich der Aufsichtsrat unter anderem mit einem Abgleich des Rechnungshofspapiers mit der KPMG-Untersuchung befassen. Warum kommen die Gutachten zu so abweichenden Ergebnissen?
Schön ist, dass die Prüfer bestätigen, dass die Kalkulation der Deutschen Bahn zutrifft. Bei der Bewertung der Risiken haben KPMG und Ernst Basler eine andere, die Schweizer Methode, angewendet. Risiken haben eine Eintrittswahrscheinlichkeit. Liegt die bei größer 50 Prozent, sagen wir: Das tritt ein. Bei allem unter 50 Prozent sagen wir: Das verhindern wir. KPMG und Basler haben diese Differenzierung nicht gemacht. Bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit etwa von zehn Prozent erhöhen sie die Kosten um den Faktor 0,1, bei 40 Prozent um 0,4 und so weiter. Und so kommen sie zu einer Kalkulation die zwischen 6,3 und 6,7 Milliarden Euro liegt. Am wahrscheinlichsten halten sie einen Betrag von 6,474 Milliarden Euro. Das trifft ziemlich genau unseren Finanzierungsrahmen von 6,526 Milliarden.
Vor allem von den Herausforderungen im Anhydrit, die die Gutachter auch festgestellt haben, hätten die Projektpartner gerne von der Bahn und nicht aus der Zeitung erfahren. Kommunizieren Sie schlecht?
Die Gefahr, dass ein Risiko durch Bauen im Anhydrit eintritt, beziffern die Prüfer geringfügig höher als wir. Aber wir machen das ja nicht zu ersten Mal. Anhydrit im Stuttgarter Untergrund ist bekannt. Und wir haben in Professor Wittke den weltweit besten Experten, der für uns eine neue Bauweise entwickelt hat, für die wir 100 Millionen Euro mehr in die Hand nehmen, als wir ursprünglich kalkuliert hatten, um diese Methode einzusetzen. Und Professor Wittke versichert, dass mit ihr die Risiken im Anhydrit absolut beherrschbar sind. Und bei alledem gilt, dass in der Gesamtbewertung und Kalkulation der Prüfer das Thema Anhydrit berücksichtigt wurde.
Hatten Sie das so im Lenkungskreis gesagt?
Ja, natürlich. Wir haben ausführlich über das Thema informiert und erläutert, wie wir das Bauen im Anhydrit beherrschen. Wir wollen aber auch nicht, dass da Ängste in der Bevölkerung ganz bewusst geschürt werden. Nochmal: es ist nicht das erste Mal, dass wir im Anhydrit bauen. Unsere Experten wissen, wie das gemacht wird.
Da reden wir von den Risiken während der Bauzeit. Die Gutachter warnen aber davor, dass sich durch die Geologie auch Probleme für den Betrieb der Tunnel ergeben könnten.
Aber doch nur, wenn der Anhydrit im Bereich unserer Tunnel mit Wasser in Berührung kommt. Und wir sorgen mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen dafür, dass genau das nicht passiert. Abgesehen davon können Sie davon ausgehen, dass es in unserem ureigenen Interesse als Betreiber der Anlagen liegt auf Jahrzehnte hinaus sanierungsfrei zu bauen.
Die Kostenprognose des Bundesrechnungshofs (BRH) von knapp zehn Milliarden Euro sowie die Warnung Ihrer Gutachter vor Baurisiken sind in der Welt.
Das ist eine andere Geschichte. Die vom Aufsichtsrat beauftragten Prüfer, die etwas von der Materie verstehen, liegen bekanntlich in derselben Größenordnung wie unsere Prognosen. Das ist ja schon mal sehr beruhigend. Der Rechnungshof liegt bei 9,5 Milliarden Euro. Leider konnten wir lange dessen Zahlen, mit denen wir konfrontiert wurden, nicht checken, da uns die Unterlagen nicht gegeben wurden. Das war schade, da ja alle immer von Transparenz, Dialog und Miteinander sprechen. Der Rechnungshof hat zu unserem Finanzierungsrahmen etwa einfach die Bauzeitzinsen hinzugerechnet und dafür mehr als eine Milliarde Euro angesetzt. Es ist nur so, dass die Bauzeitzinsen gar nicht Bestandteil des Finanzierungsvertrags sind. Ganz abgesehen davon, dass die Zahl schlichtweg falsch ist. Wir rechnen am Ende mit Bauzeitzinsen in Höhe von rund 250 Millionen Euro. Bisher angefallen sind gerade mal 35 Millionen Euro. Das zweite Beispiel ist: Der BRH kritisiert, dass die Beseitigung der nicht mehr benötigten oberirdischen Gleise nicht mit berücksichtigt worden ist. Das stimmt. Aber auch das ist nicht Bestandteil von S 21. Weil wir die Einnahmen aus dem Verkauf der Grundstücke auf der anderen Seite ja auch nicht mit eingerechnet haben. Das alles haben wir dem Aufsichtsrat schon vorgestellt und auch den Abgeordneten, die im Bundesfinanzierungsgremium sitzen.