Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vermeidet bisher jegliche Festlegung auf einen Neuerwerb von Kampfdrohnen. Dabei beschreibt die Luftwaffe schon offen ihre konkreten Pläne mit den unbemannten, bewaffneten Flugzeugen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Dass die Neuigkeit ausgerechnet bei einer Diskussion der Evangelischen Kirche in Berlin über den Sinn von Kampfdrohnen herauskam, passt zu der turbulenten Zeit, in der die Bundeswehr gerade steckt: Demnach plant das Verteidigungsministerium die Anschaffung von 16 bewaffnungsfähigen Drohnensystemen bis 2025, wie Brigadegeneral Jörg Lebert, seines Zeichens „Abteilungsleiter 1 Kommando Luftwaffe“, auf dem Podium verriet. Zehn Systeme sollen demnach für den Einsatz zur Verfügung stehen und sechs als Ersatz vorgehalten werden.

 

So konkret hatte sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bisher nicht geäußert. Vielmehr hatte sie sich grundsätzlich für die Entwicklung einer bewaffnungsfähigen Drohne in Europa ausgesprochen, aber alles Weitere offen gelassen – insbesondere, wie man die Zeit bis dahin überbrücken will. Nunmehr ist im Verteidigungsministerium auch noch zu erfahren, dass die Bundeswehr über eine einjährige Verlängerung des bis Frühjahr 2015 laufenden Leasingvertrags für die israelische Drohne Heron1 verhandelt. Die Verhandlungen seien schon sehr weit fortgeschritten, heißt es. Doch sei keine konkrete Entscheidung darüber gefallen, ob nach dem Auslaufen des Mietvertrags ein anderes Leasingmodell oder ein Neuerwerb angestrebt werde. General Lebert, so erläutert der Sprecher, habe auch lediglich die Planungsgröße von 16 angestrebten Systemen und das Jahr 2025 als Ziellinie genannt.

Heron TP gegen Predator B: Israel gegen USA

Die Zeit der Afghanistan-erprobten Heron1 ist ohnehin abgelaufen, da die Israelis mit Heron TP einen modernen Nachfolger anbieten. Von der Leyen favorisiert dieses System offenbar, mag sich aber noch nicht darauf festlegen. Denn erstens gibt es Heron TP ausschließlich in der bewaffnungsfähigen Version. Dies müsste sie bei allem politischen Widerstand gegen Kampfdrohnen offensiv vertreten. Zweitens favorisiert die Luftwaffenführung noch immer das amerikanische Konkurrenzprodukt Predator B, dessen Hersteller General Atomics schon vor längerer Zeit ein Angebot vorgelegt hat. Und auch in diesem Streit bleibt die Ministerin lieber noch in der Deckung.

Rückhalt findet von der Leyen aber bei der SPD. Deren verteidigungspolitischer Sprecher Rainer Arnold macht Druck: „Was wir der Ministerin gesagt haben, sollte jetzt auch realisiert werden“, sagte der Nürtinger Abgeordnete der StZ. Kurzfristig bevorzugt seine Partei die Verlängerung des Leasing-Vertrages mit Israel; mittelfristig soll eine Leasing- oder Kauflösung für Heron TP mit den Israelis erfolgen, um deren bewährte Trainingsmöglichkeiten weiter zu nutzen und um bei Drohnen nicht in die Abhängigkeit der USA zu geraten. Langfristig strebt auch die SPD die europäische Neuentwicklung einer Drohne mittlerer Größe an. Darüber hinaus erwartet sie eine Erklärung darüber, was aus dem 2011 gescheiterten Rüstungsprojekt Euro Hawk werden soll.

„Die Ministerin erzählt völligen Unfug“

Wenn die von der Ministerin beauftragte Unternehmensberatung KPMG Ende September ihren Bericht über die Rüstungsprozesse vorgelegt hat, „müssen in diesem Jahr Stück für Stück alle liegengebliebenen Entscheidungen erledigt werden“, mahnt Arnold. In vielen Fällen gebe es einen Zeitverzug – nicht erst in der laufenden Legislaturperiode. In Wirklichkeit hätten der frühere Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) und sein im Februar geschasster Rüstungs-Staatssekretär Stéphane Beemelmans „im letzten Jahr auch nichts mehr entschieden“.

Ob eine Drohne im Einzelfall dann bewaffnet oder unbewaffnet eingesetzt werden soll, macht Ursula von der Leyen bisher vom jeweiligen Beschluss des Bundestags abhängig. „Das heißt, dass jederzeit die Kontrollmöglichkeit des Parlaments gegeben ist“, fügte sie hinzu. Der SPD-Verteidigungsexperte Arnold hält dagegen: „Das halte ich für kompletten Unfug“, kontert er. Das Parlament erteile Mandate, könne der Truppe aber nicht sagen, welche Fähigkeiten sie verwenden solle. „Es ist doch nicht unseres Amtes zu sagen, ob sie Tornados, Eurofighter oder bewaffnete Drohnen zur Bekämpfung militärischer Ziele aus der Luft nehmen soll – wir sind doch keine kleinen Feldherrn.“ Letztendlich wolle die Ministerin nur die Verantwortung in dieser heiklen Frage von sich auf das Parlament abschieben, moniert Arnold.