In Rumänien wird spekuliert, dass Staatschef Johannis für einen Posten in der EU-Kommission seine Kandidatur als Nato-Chef zurückziehen könnte.

Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Ausgerechnet Rumäniens Regierungschef gibt den seit Wochen im Karpatenstaat kursierenden Spekulationen über die berufliche Zukunft des scheidenden Staatschefs neue Nahrung. Er glaube nicht, dass Präsident Klaus Johannis das Amt eines EU-Kommissars anvisiere, „wohl eher das Amt des Kommissionschefs oder des Ratspräsidenten“, sagte der sozialdemokratische Premier Marcel Ciolacu (PSD) vergangene Woche bei einem Interview mit dem Fernsehsender Prima TV.

 

Marc Rutte ist der Favorit für den Posten des Nato-Chefs

Offiziell hat Johannis bereits im Februar seine Ansprüche auf das Amt des Nato-Generalsekretärs angemeldet. Zwar war Rumäniens deutschstämmiger Landesvater im Mai zum Klingelputzen in eigener Sache zu einem Treffen mit seinem US-Amtskollegen Joe Biden nach Washington gereist und ließ sich hernach auch noch mit einem Preis der US-Denkfabrik Atlantic Council für seine transatlantischen Verdienste küren. Doch der Druck der Nato- und EU-Partner auf den 64-Jährigen zum Rückzug seiner Außenseiterkandidatur zu Gunsten des niederländischen Favoriten Mark Rutte nimmt zu.

29 der 32 Nato-Mitglieder sprechen sich mittlerweile für Rutte aus. Doch der Chef des Militärbündnisses kann nur einstimmig gekürt werden – und vor allem Ungarn legt sich quer. Budapest begrüße Johannis als „Kandidat aus dem Osten“ und werde niemals für einen Kandidaten stimmen, der Ungarn „in die Knie zwingen“ wolle, bekräftigte Außenminister Peter Szijjarto Ende Mai erneut die Ablehnung des Niederländers. Rutte hatte 2021 die rechtspopulistische Regierung in Budapest wegen ihrer homophoben Kampagnen heftig kritisiert.

Karten in Brüssel werden neu gemischt

Doch nach den Europawahlen werden die Karten in Brüssel neu gemischt: Beim anstehenden Geschacher um die EU-Spitzenjobs könnte Johannis mit dem Pfund seiner Nato-Kandidatur wuchern. Einerseits gilt er als einer von mehreren christdemokratischen Alternativkandidaten für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten im Fall eines Scheiterns der derzeitigen Amtsinhaberin Ursula von Leyen. Andererseits vermutet das Portal Politico, dass Johannis sich im Gegenzug für einen späten Rückzug seiner Nato-Kandidatur auch mit dem neuen Amt eines EU-Verteidigungskommissars bescheiden könnte.

Während es den derzeitigen Bewohner von Rumäniens Präsidentenpalast nach Brüssel drängt, könnte sein Nachfolger ausgerechnet von der Nato kommen. Vor den Präsidentenwahlen liegt Rumäniens stellvertretender Nato-Generalsekretär Mircea Geonana in den Umfragen vorn: Er dürfte laut Prognosen die erste Wahlrunde gewinnen – und in der Stichwahl jeden potenziellen Konkurrenten klar schlagen.