Die Premiere der Rundfahrt mit dem Doppeldecker durch Filderstadt war nach wenigen Tagen ausgebucht. Nun war es so weit. Was hat die Leute so gereizt? Wir haben uns dazu gesetzt und geplaudert.

Filderstadt - Ach du Sch...!“ Patrick Haas machte hinter seiner Sonnenbrille große Augen. Er erkannte seinen früheren Wohnort kaum wieder. Das riesige Wohnbauprojekt mitten im Ortskern von Plattenhardt, dann die vielen neuen Firmen im Industriegebiet oder die Läden, die leer stehen. In Plattenhardt ist der heute 31-Jährige zwar aufgewachsen, auch in Bernhausen hat er später gelebt, aber tatsächlich musste Patrick Haas, der mittlerweile bei Nürnberg wohnt, an manchen Ecken zweimal hingucken.

 

Er war gemeinsam mit seinen Eltern Angela und Werner Haas bei einer Premiere der Stadt Filderstadt dabei: einer touristischen Erkundungsfahrt durch den Ort. Und zwar oben ohne, im offenen Doppeldeckerbus. Dass auf dem roten Mobil groß „Stuttgart-Touren“ stand, störte wohl die wenigsten. Sie konnten vielmehr froh sein, einen der 65 Plätze ergattert zu haben. Das Angebot war binnen weniger Tage ausverkauft gewesen. „Es sind wenige dabei, die Filderstadt nicht kennen“, sagte der OB Christoph Traub, der die Fahrt moderierte. Kurios fand er die Tatsache, dass sich fast nur Einheimische durch die Stadt kutschieren ließen, indes nicht. Im Gegenteil. Der Reiz liege darin, die Stadt mal „aus der Halbvogelperspektive“ zu sehen. „Es gibt immer etwas Neues.“

Für Irmtraud Clark (73) aus Bonlanden war das so. Man habe normalerweise seine festen Routen durch die Stadt. „Ich will mich überhaupt mal informieren, im Allgemeinen“, und Doppeldecker sei sie auch noch nie gefahren. Die Eheleute Haas wiederum interessierte eher, wie sich der Ort verändert hat, seitdem sie ihn erst Richtung Nürnberg und dann Hildrizhausen verlassen hatten. „Wir kennen das Filderstadt zu Urzeiten“, sagte Angela Haas (59), „das ist mal ein anderer Blick“.

Genau das macht diese Tour aus

Dieser andere Blick, der machte die Tour auch aus. Denn an waschechten Attraktionen mangelt es der Stadt. Fildorado, Filderklinik, Filharmonie – darüber hinaus ist der Ort nicht reich gesegnet mit überregional Bekannten. Tatsächlich bemühte der OB auf der Fahrt durch Bernhausen, Sielmingen, Harthausen, Bonlanden, Plattenhardt und wieder Bernhausen quasi alles, was am Wegesrand zu erblicken war – Firmen, Gaststätten, Aussiedlerhöfe, Schulen, Sportanlagen, Seniorenheime. Doch in der Tat waren es genau diese Details, die die Fahrgäste zum Staunen brachten. Von der Hugo-Boss-Straße etwa hatte Angela Werner zuvor noch nie etwas gehört gehabt, und dass das dortige Distributionszentrum des Modeherstellers dann doch so groß ist, „das ist definitiv etwas, was man so im Alltag nicht mitbekommt“, sagte ihr Sohn. Nebenbei gab es Infos zur geplanten S-Bahn-Verlängerung, zu Stadtteilfesten oder zum Radwegenetz – alles komplett ohne Manuskript. „Ich kenne meine Stadt“, hatte Christoph Traub noch vor Fahrtbeginn prophezeit.

Nach nahezu zwei Stunden konnten die Passagiere mit Fug und Recht behaupten, sich mal ganz Filderstadt angeschaut zu haben – inklusive eines Schlenkers über die Obstwiesen außerhalb von Sielmingen. Nur wenige Gassen, etwa die im alten Ortskern von Bonlanden, mussten wegen der Enge ausgelassen werden. Zum Abschied gab’s Applaus. „Ich finde, es ist eine gute Idee von der Stadt, so etwas anzubieten“, lobte Angela Haas. Und: Es wird eine Neuauflage geben. Traub: „Die erste Wiederholung ist schon in Planung.“