Wer sich derzeit mit den Landwirten auf den Fildern unterhält, kommt um das umstrittene Großprojekt Stuttgart 21 nicht drumrum. Das gilt freilich auch für die traditionelle Felderrundfahrt in Plieningen.

Plieningen - Helmut Gehrung ist zwar als Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Ortsvereins Plieningen (LOV) zurückgetreten, leiser ist er aber deshalb nicht geworden. In Wallung gerät der Landwirt besonders, wenn es um die ICE- Strecke entlang der A 8 geht: „Mit der Trasse haben wir uns abgefunden. Nicht aber mit der Politik, wie wir für das Land entschädigt oder unsere Ackerflächen zerschnitten werden.“

 

Der extra angereiste Abschnittsleiter Christophe Jacobi von der Bahn zeigt Verständnis für den Unmut. „Ich kann durchaus nachempfinden, wenn Flächen verschwinden und sich die Bauern darüber ärgern. Wir nehmen ihre Ängste über die wirtschaftliche Zukunft ernst.“

Stimmung wie bei einer Klassenfahrt

Auf der jährlichen Felderrundfahrt der Plieninger Bauer gibt es einiges zu bereden. Beherrschendes Thema war die geplante ICE-Trasse entlang der A 8. Auf deren Planung können die Bauern noch Einfluss nehmen. Deswegen ist auch Jacobi gekommen, um sich die Beschwerden anzuhören. Die Bauern steuerten mit dem Traktorenzug den Fildertunnel an und die künftigen Baustellen auf Plieninger Gemarkung, aber auch die zahlreichen Trittsteine. Dies sind verwilderte Streifen in den Feldern. Sie dienen Rebhühnern oder Feldlerchen als Rückzugsort. Eben dies ist der größte Streitpunkt zwischen Bahn und Bauern. Das Unternehmen verlagert wegen des Trassenbaus die Ausweichflächen für die Tierpopulationen in die umliegenden Felder.

„Wir stehen vor dem Problem, zwischen Gemeinwohl und persönlichem Nutzen zu entscheiden“, sagt Jacobi. Er freue sich aber dennoch über die Kooperationsbereitschaft der Bauern. Eitel Sonnenschein herrscht bei diesen freilich nicht. Die Landwirte stellen in Abrede, dass es überhaupt Rebhühner gibt. „Der Fuchsbestand ist viel zu hoch. Wir haben seit Jahren keine Rebhühner gesehen“, wirft ein Bauer ein. Jacobi setzt dem entgegen, dass alle Beteiligten darauf Rücksicht nehmen müssten, was unabhängige Gutachter feststellen. „Wir müssen dem Arten- und Naturschutz Rechnung tragen.“

Manche Fronten bleiben verhärtet

Eben dies treibt die Bauern auf die Barrikaden. Die Landwirte fragen, warum die Trittsteine ausgerechnet auf den äußerst fruchtbaren Böden um Plieningen errichtet werden müssen. „Wir können es uns nicht gefallen lassen, dass unsere Flächen von vier Hektar durch die Trittsteine auf zwei Hektar reduziert werden“, sagt Martin Krämer vom LOV.

Unversöhnlich bleiben die Fronten auch bezüglich der zahlreichen Baustellen, die an der Trasse entstehen. Die Bahn wird in den kommenden Jahren die anliegenden Felder in Anspruch nehmen, um dort Platz für Baustellenfahrzeuge zu schaffen. „Der Boden wird abgetragen, und wir kriegen nach zehn Jahren minderwertiges Land wieder“, sagt Gehrung. Jacobi sagt, ihm sei bewusst, dass der Gleisbau wegen des begrenzten Raumes zu Lasten der landwirtschaftlichen Betriebe gehe.