Sollten ARD und ZDF durch die neue Haushaltsabgabe wirklich mehr einnehmen, hätten sie daran nur kurz Freude.

Stuttgart - Alles wird einfacher, hieß es, als zu Beginn des Jahres die alte Rundfunkgebühr der neuen Haushaltsabgabe weichen musste. Einfacher und auch gerechter: weil seither nicht mehr interessiert, wie viele Einkommens- und Rundfunkempfänger sich hinter einer Wohnungstür verbergen. Ungleich zurückhaltender fielen die Stellungnahmen der Sender wie auch der Politiker zu der Frage aus, ob das neue Modell wohl mehr Geld einbringen würde. Nicht unbedingt von den Privathaushalten, auch wenn Schwarzseher deutlich schlechtere Karten haben als früher, aber vor allem von den Unternehmen, die nun deutlich stärker zur Kasse gebeten werden.

 

Vermutlich werde sich an der Höhe der Einnahmen gar nichts ändern, war die Lesart, auf die man sich einigte. Noch im Oktober hatten ARD, ZDF und Deutschlandradio erklärt, nach einer vorläufigen Schätzung zeichne sich für das laufende Jahr eine geringfügige Steigerung von rund 80 Millionen Euro ab; angesichts der Gesamtsumme von 7,5 Milliarden Euro in der Tat ein überschaubarer Betrag. Das „Handelsblatt“ hat jetzt die Summe von 100 Millionen Euro in Gespräch gebracht, die allerdings von den Sendern nicht bestätigt wurde. Im Stillen dagegen hat sich mancher ARD-Intendant womöglich schon gefreut: Steigende Einnahmen würden zumindest kurzfristig den einen oder anderen Engpass überbrücken helfen, schließlich klagen fast alle Landesrundfunkanstalten über unvermeidliche Sparmaßnahmen.

Verlässliche Angaben sind noch gar nicht möglich

Laut einem Bericht im „Spiegel“sollen die Einnahmen sogar um 125 Millionen Euro pro Jahr steigen, rund eine halbe Milliarde Euro in der laufenden Gebührenperiode von vier Jahren. Die schlechte Nachricht: Die Sender müssten das Geld, das sie ohnehin noch gar nicht haben, wieder rausrücken. Die „Spiegel“-Angaben beruhen auf „neuen Berechnungen“, wobei es sich um eine „vorläufige und vorsichtige“ Schätzung handele. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hat allerdings umgehend dementiert: Verlässliche Angaben seien derzeit noch gar nicht möglich. Die Kommission will erst im April entscheiden, ob sie eine Empfehlung ausspricht. Die wiederum könnte, sollten die Sender tatsächlich höhere Einnahmen erzielt haben, nur eines Inhalts sein: Zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland würden die Rundfunkgebühren sinken. Auch das aber dürfte noch eine Weile dauern, denn eine Evaluierung des neuen Beitragsmodells ist erst für das Frühjahr 2015 vorgesehen.

Lange Gesichter wird es vor allem bei der ARD geben. Während das ZDF dank einiger unpopulärer Maßnahmen des neuen Intendanten Thomas Bellut seine Hausaufgaben gemacht hat, beträgt das kumulierte Defizit der verschiedenen Mitglieder des Senderverbundes in der aktuellen Gebührenperiode zweihundert Millionen Euro. Überall muss daher gespart werden; vor allem beim Personal, aber auch zum Beispiel bei den Sportrechten. Das hielt die Prüfer der KEF nicht davon ab, die Buchführung der Sender akribisch unter die Lupe zu nehmen, und siehe da: Laut „Spiegel“ sind 300 Millionen Euro an Eigenmitteln und Einnahmemöglichkeiten entdeckt worden. Bevor sich die ARD bei den Gebührengeldern bedienen darf, muss sie erst mal die eigenen Quellen abschöpfen. Auch das ZDF rechnet nach eigenen Angaben mit Mehreinnahmen von rund 25 Millionen Euro für das Jahr 2014; allerdings entspreche diese Haushaltsplanung den Mitteln, die bereits bei der KEF angemeldet worden seien.

Die Empörung bei den Unternehmen könnte wachsen

Bestätigt fühlen dürfen sich angesichts der Zahlen vor allem jene, die gegen das neue Modell geklagt haben, allen voran Unternehmen mit vielen Filialen, die wie die Drogeriekette Rossmann bis zu fünfmal so viel bezahlen wie noch 2012. ARD und ZDF haben die entsprechenden Vorwürfe stets mit dem Argument gekontert, wer bei der neuen Betriebsstättenabgabe tiefer in die Tasche greife müsse, habe bislang offenbar geschummelt. Sollten sich die „Spiegel“-Zahlen als korrekt erweisen und die Haushaltsabgabe tatsächlich sinken, und sei es nur um drei Euro im Jahr, dürfte die Empörung bei den betroffenen Unternehmen noch weiter wachsen: Sie hätten nicht ganz zu Unrecht das Gefühl, die Entlastung der Privathaushalte gehe auf ihre Kosten.