Die Rundfunkgebühr wird um 48 Cent gesenkt. Dabei handelt es sich vor allem um einen symbolischen Akt. Allerdings haben sich die Ministerpräsidenten durch ihre frühzeitige Festlegung auch selbst in die Bredouille gebracht.
Stuttgart - Selbst Minijobber würden eine monatliche Lohnerhöhung um nicht mal 50 Cent als schlechten Scherz empfinden. Der Beschluss, die Rundfunkgebühren ab 2015 um 48 Cent auf 17,50 Euro pro Monat zu mindern, ist also ein symbolischer Akt. Allerdings haben sich die Ministerpräsidenten durch ihre frühzeitige Festlegung auch selbst in die Bredouille gebracht. Auch wenn sie der weitergehenden Forderung von Stanislaw Tillich (Sachsen), der eine Gebührensenkung um einen Euro angekündigt hatte, nicht nachgekommen sind: Der ohne Not und vor allem ohne politischen Druck vollzogene Schritt wirkt populistisch. Der Beschluss steht zudem auf tönernen Füßen, und das nicht allein, weil bei verschiedenen Gerichten insgesamt 600 Klagen gegen das 2013 eingeführte Gebührenmodell anhängig sind. Im Grunde hätten die Politiker die entsprechenden Klärungen abwarten müssen.
Immerhin sind sie noch unter der Empfehlung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten geblieben; die KEF hatte eine Senkung um 73 Cent empfohlen, nachdem sie zuvor errechnet hatte, dass die öffentlich-rechtlichen Sender durch die Umstellung der Rundfunkgebühr auf eine Haushaltsabgabe bis zum Jahr 2016 etwa 1,15 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen werden. Die Zahl wird nicht völlig falsch sein, aber es handelt sich um eine Prognose. Sogar die KEF selbst spricht von einer „Unsicherheit der Datenlage“. Aus diesem Grund wollten die KEF-Mitglieder auch rund die Hälfte der vermuteten Mehreinnahmen auf die hohe Kante legen. Dies sei, heißt es, aus strukturellen Gründen notwendig, um einen möglichen Anstieg des Rundfunkbeitrags in der nächsten Gebührenperiode ab 2017 zu glätten.
Bleibt noch Spielraum für Korrekturen?
Aus ähnlichen Gründen hatte auch DIW Econ, ein Tochterunternehmen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, vor einer Gebührensenkung gewarnt: weil sich die Politik auf diese Weise aller Handlungsspielräume berauben würde. Die Beratungsgesellschaft hat den Auftrag, das neue Gebührenmodell zu evaluieren. Die entsprechenden Zahlen werden allerdings frühestens im kommenden Winter vorliegen. Ein Sprecher von DIW Econ hatte gemutmaßt, eine Senkung des Rundfunkbeitrags könnte zur Folge haben, dass die Gebühr zu Beginn der nächsten Periode zum 1. Januar 2017 wieder angehoben werden müsse. Auch der SWR-Justiziar Hermann Eicher hatte darauf hingewiesen, dass sich die Politik durch eine symbolische Beitragssenkung „den notwendigen finanziellen Gestaltungsspielraum für sinnvolle Korrekturen“ nehme.
Mit der vergleichsweise moderaten Senkung haben die Ministerpräsidenten nun einerseits einen Kompromiss gefunden, konnten andererseits aber trotzdem die frohe Botschaft verkünden, dass die Rundfunkgebühren zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte des deutschen Fernsehen gesenkt werden. Rainer Haseloff (Sachsen-Anhalt, CDU), ist überzeugt, dass auf diese Weise eine langfristige Stabilität zur Finanzierung des Rundfunks erreicht werden könne; der Betrag soll bis 2019 stabil bleiben. Laut Malu Dreyer (Rheinland-Pfalz, SPD), die zuvor „mindestens 50 Cent“ gefordert hatte, bleibe noch genug Spielraum, um im Zweifelsfall nachzubessern.
Entsprechende Vorschläge gibt es genug. Die Anregungen reichen von der Entlastung der Wirtschaft bis zur Stärkung der Eigenproduktionen von ARD und ZDF. Besonders vehement hatten sich die Filmschaffenden ins Zeug gelegt und für mehr Investitionen ins Programm plädiert. Tatsächlich ist beispielsweise das Budget für einen „Tatort“-Film seit Jahren auf dem gleichen Niveau geblieben. Weil gleichzeitig die Produktionskosten gestiegen sind, müssen die Krimis faktisch mit weniger Geld gedreht werden, was sich jedoch nicht auf die Qualität auswirken darf. Den geplanten öffentlich-rechtlichen Jugendkanal sollen die Sender ohnehin aus bestehenden Mitteln finanzieren. Über dieses Projekt wollten die Ministerpräsidenten eigentlich auch abstimmen, aber das vorgelegte Konzept enthielt nach ihrem Geschmack noch zu viele offene Fragen.