Russlands Propagandisten attackieren in schrillen Tönen Deutschland. Sie fordern, Deutschland zu „denazifizieren“.

Korrespondenten: Inna Hartwich

Wladimir Solowjow kommt aus dem Brüllen gar nicht mehr heraus. „Scholz!“, schreit er. „Baerbock!“ „Pistorius!“ „Ihr neuen Nazis! Ihr europäischen Pharisäer, ihr! Nazistischer Abschaum!“ In seiner Dienstagabendsendung, kaum tauchen die ersten Meldungen über die deutsche Zusage von Leopard-Panzern an die Ukraine auf, schnaubt Solowjow vor Wut und ruft, wie er das bereits oft getan hat, noch einmal laut nach Vergeltung.

 

Es ist vor allem die Symbolik, welche die russischen Scharfmacher in Bezug auf Deutschland aus dem Vollen schöpfen lässt. „Sie sollen wenigstens die Hakenkreuze nicht übermalen“, ätzt etwa Margarita Simonjan, Chefredakteurin des TV-Senders Russia Today, und ist sich auch für weitere Entgleisungen nicht zu schade. „Nach den Peitschenhieben durch die USA liefern sie die Panzer. Zum Sommer hin werden Lieferungen von Gaskammern erwartet“, schreibt sie in ihrem Telegram-Kanal. Solowjow spricht in seiner Livesendung am Mittwoch von der „Denazifizierung“ Deutschlands. Das Wort „Denazifizierung“ hatte Russlands Präsident Wladimir Putin am 24. Februar benutzt, um den Angriff auf die Ukraine zu rechtfertigen. Es steht damit für die Vernichtungsschläge durch die russische Armee.

Der Kreml kritisiert die geplanten Panzerlieferungen als militärisch nutzlos, aber politisch höchst gefährlich. „Diese Panzer werden brennen wie alle übrigen“, sagte der Kremlsprecher Dmitri Peskow. Zwischen Deutschland, der EU und der Nato gebe es keinen „substanziellen Dialog“ mehr, meinte Peskow. Ein Dialog allerdings findet bereits seit Beginn von Russlands „militärischer Spezialoperation“, wie Moskau seinen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine euphemistisch bezeichnet, nicht mehr statt. Nun spricht Moskau von einem „Tiefpunkt“ der Beziehungen.

Die Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa – in ihrer Wortwahl ähnlich grotesk und schrill wie die Propagandisten im russischen Staatsfernsehen – sieht wie gewohnt die USA als den Hauptschuldigen und hält die Europäer für naiv. Das ist das gängige offizielle Narrativ Moskaus. „Versteht Deutschland etwa nicht, dass die USA Europa in einen Großen Krieg hineinziehen? Europa sollte schleunigst aus seinem lethargischen Schlaf aufwachen“, rät sie.

Der Vorsitzende des russischen Parlaments, Wjatscheslaw Wolodin, droht, wie auch der kremlergebene Zyniker Solowjow, mit dem Atomschlag. Er lobt die „Überlegenheit russischer Waffen“ und appelliert an das „Verantwortungsgefühl für die Menschheit“. Versuche, „unsere Gebiete zu erobern“, schreibt Wolodin in seinem Telegram-Kanal, würden Gegenmaßnahmen mit stärkeren Waffen nach sich ziehen. „Alle müssen verstehen: Es wird mit einer Tragödie enden, die die Länder, die solche Entscheidungen treffen, vernichten wird“, heißt es da.

Moskau sieht sich offiziell in der Weiterführung seines Kampfes im Zweiten Weltkrieg. Die Bedeutung des Vaterländischen Krieges für das Land, wie die Russen diesen bezeichnen, ist das Einzige, worauf sich die Gesellschaft quer durch alle Altersstufen und soziale Schichten hindurch einigen kann. Der Kreml missbraucht den Sieg der Sowjetunuion über das Nazideutschland und redet die Beteiligung der Alliierten gern klein. Oder erwähnt sie erst gar nicht. So ist es ein Leichtes für die russischen Propagandisten, die deutsche Bundesregierung als die Obernazis darzustellen, von denen die Ukrainer gelernt hätten. Solowjow erklärt in seiner Livesendung, der Kampf in der Ukraine sei die „Wiederauflage des Zweiten Weltkrieges“.