Ein russischer Hilfskonvoi ist auf dem Weg zur ukrainischen Grenze. Was geschieht, wenn er dort ankommt? Der Westen hegt Zweifel am Zweck der Aktion. Und Kiew will die dringend benötigten Güter nicht über die Grenze lassen.
Kiew - Was die Ukraine seit Monaten befürchtet, könnte nun Wirklichkeit werden: eine Invasion Russlands. Am Montagabend haben sich 280 schwere Militärfahrzeuge von Moskau aus in Gang gesetzt, ihr Ziel ist die Stadt Lugansk in der Ostukraine. Die weißen Fahrzeuge sind mit der Aufschrift „Hilfstransport“ sowie dem russischen Staatswappen gekennzeichnet. An Bord befinden sich unter anderem 400 Tonnen Getreide, 100 Tonnen Zucker, 62 Tonnen Babynahrung sowie 69 Stromgeneratoren.
Russische Fernsehbilder zeigen, wie die Wagen vor der Abfahrt von einem Geistlichen gesegnet werden. Die Männer, die die Fahrzeuge fahren und sie beladen haben, wirken durchtrainiert, eher wie Soldaten und nicht wie Mitarbeiter von Hilfsorganisationen. Organisiert wurde der Großeinsatz vom russischen Katastrophenschutzministerium.Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte humanitärer Hilfe zugestimmt, doch sollte die Aktion unter der Leitung von EU-Staaten stattfinden, Russland sollte auf keinem Fall eine Hauptrolle spielen. Nun hat Russlands Präsident Wladimir Putin offenbar erneut Fakten geschaffen. Während internationale Hilfsorganisationen noch darüber redeten, wann Hilfe in die Ostukraine geschickt wird, rollen nun weiß angemalte Lkws Richtung Ukraine.
Kiew will alles verhindern, was Invasion begünstigt
Das Büro von Poroschenkos Präsidialverwaltung teilte mit, man habe zusammen mit dem Roten Kreuz und Russland Gespräche aufgenommen, um Hilfstransporte zu organisieren. Der Konvoi, der sich nun aus Moskau aufgemacht hat, stand jedoch nicht zur Debatte. Er ist offensichtlich in russischer Eigenregie losgeschickt worden.
In Kiew will man alles verhindern, was eine Invasion der Russen begünstigen könnte. Am vergangenen Freitag war es an der russisch-ukrainischen Grenze bereits zu einem Zwischenfall gekommen. Ein Konvoi aus Russland konnte in letzter Minute davon abgehalten werden, die Grenze zur Ukraine zu überqueren. Der Tross wurde von russischen Soldaten eskortiert. Der außenpolitische Berater von Präsident Poroschenko, Waleri Tschaly, sagte: „Am Freitag wäre es fast zur Katastrophe, zu einer Invasion gekommen.“ Seit dem Vorfall verweigert das ukrainische Rote Kreuz jede Zusammenarbeit mit Russland hinsichtlich humanitärer Hilfe für die Ostukraine. Tschaly sagte im ukrainischen Fernsehen, Russland unterstütze die Separatisten weiterhin.