Russland stoppt seine Gaslieferungen an die Ukraine. Schlimmer noch könnten sich jedoch Engpässe in der Kohleversorgung auswirken, nachdem die Russen ihre Lieferungen kräftig reduziert haben. Die Krise zwischen den Nachbarn weitet sich aus.

Kiew - Seit Wochenanfang war darüber spekuliert worden, nun hat Russland der Ukraine den Gashahn tatsächlich zugedreht. Medien in der Ukraine sprechen bereits von einem neuen Wirtschaftskrieg der ungleichen Nachbarstaaten.

 

Während die russische Tageszeitung „Kommersant“ am Mittwoch meldete, dass Russland seine Kohlelieferungen in die Ukraine stark zurückgefahren habe, verkündete der Chef des russischen Staatskonzerns Gazprom, Alexej Miller, einen Gas-Lieferstopp für die Ukraine. Begründet wurde der Schritt mit nicht geleisteten Vorauszahlungen; außerdem seien keine neuen Bestellungen aus Kiew eingegangen. Miller schloss nicht aus, dass es auch zu Lieferengpässen für Westeuropa kommen könnte. Dies seien „ernste Risiken“.

Kiew stellt die Lage ganz anders dar

Andrej Kobolew, Chef des ukrainischen Energieunternehmens Naftogaz, beruhigte hingegen: Die Westeuropäer bräuchten sich keine Sorgen zu machen. „In den vergangenen anderthalb Jahren haben wir gezeigt, dass wir einen unterbrechungsfreien Transit russischen Gases unabhängig davon gewährleisten können, ob es der Ukraine geliefert wird oder nicht. Soweit es uns bekannt ist, sind sowohl Gazprom als auch deren Kunden zufrieden mit der Qualität und Zuverlässigkeit unserer Transitdienste.“

Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk stellte die Situation bei einer Kabinettsitzung in Kiew so dar, dass Naftogaz ab sofort kein Gas mehr aus Russland beziehen werde. Die Regierung habe ein besseres Angebot für Gaslieferungen. Wer der neue Lieferant sein soll, blieb indes unklar. Es ist aber bekannt, dass die Ukraine seit Monaten versucht, Gas aus der Slowakei und Polen zu reimportieren. Auch ist immer wieder die Rede davon, dass die USA als Gasversorger für die Ukraine einspringen werden. Mit diesem Schritt solle die Ukraine unabhängiger von russischer Energie werden. Jazenjuk hofft, dass bis Dezember 2016 eine Einigung für den bis 2019 bestehenden Gasvertrag mit Russland gefunden werde. „Gazprom stellt die Sache so dar, wie es ihnen passt“, teilte Jazenjuk gegen Moskau aus. „Es ist nicht so, dass sie nicht mehr liefern – vielmehr haben wir keinen Bedarf mehr an den russischen Lieferungen.“