Telegram ist einer der populärsten Messenger-Dienste in Russland. Weil er sich weigert, die Daten für eine Entschlüsselung der Nachrichten herauszugeben, will das Land den Dienst blockieren. Der Vorwurf: Extremisten nutzten den Dienst

Stuttgart - Die russische Kommunikationsaufsicht hat nach eigenen Angaben damit begonnen, den Messenger-Dienst Telegram zu sperren. Die Umsetzung eines entsprechenden, für das ganze Land geltenden Gerichtsurteils sei in die Wege geleitet worden, teilte die Behörde am Montag mit.

 

Telekommunikationsanbieter wurden angewiesen, Telegram in Russland zu blockieren. Zuvor hatte ein Gericht in der vergangenen Woche entschieden, die App solle in Russland gesperrt werden, bis Telegram die für eine Entschlüsselung verschlüsselter Nachrichten erforderlichen Daten herausgibt. Die russische Kommunikationsaufsicht hatte dies gefordert. Russische Behörden haben den Vorwurf erhoben, dass Telegram von gewalttätigen Extremisten genutzt werde. Telegram ist einer der populärsten Messenger in Russland, aktuell zählt der Dienst weltweit mehr als 200 Millionen Nutzer. Infolge der Whats-App-Übernahme durch Facebook etablierte sich Telegram für viele Nutzer als eine Instant-Messenger-Alternative.

Telegram hält die Entscheidung für verfassungswidrig

Russland hatte 2016 strenge Anti-Terror-Gesetze eingeführt, welche die Messaging-Dienste aufforderten, Behörden die Möglichkeit zu geben, Nachrichten zu entschlüsseln. Telegram hat diese Gesetze in Frage gestellt. Am Montag war die App in Russland vorübergehend offline, später ließ sie sich aber wieder nutzen. Telegram-Gründer Pawel Durow hatte vergangene Woche gesagt, die neueste Version der App könne die Blockade umgehen. „Wir halten die Entscheidung, die App zu blockieren, für verfassungswidrig und werden weitermachen“, schrieb er am Montag. Der russische Unternehmer, der mit den Behörden seines Heimatlandes im Clinch liegt, hatte den Messenger-Dienst 2013 gemeinsam mit seinem Bruder Nikolai gegründet. Der heutige Präsident Emmanuel Macron hatte Telegram im vergangenen Jahr für seinen Wahlkampf genutzt. Auch russische Journalisten oder Menschenrechtler nutzen den Dienst, um mit Nutzern in Kontakt zu treten; manche Kanäle haben hunderttausende Nutzer.