Russland-Ukraine-Krieg Philologenverband: Mehr Lehrer für Flüchtlingskinder

Millionen Menschen aus der Ukraine sind bereits auf der Flucht, darunter viele Kinder. Foto: dpa/Sergei Grits

Das Kultusministerium dürfe es nicht bei Solidaritätsadressen belassen, sondern müsse handeln, kritisiert der Verband.

Ralf Scholl rechnet es schon einmal vor. Wenn, wie vom Kinderhilfswerk Unicef zu Beginn des Ukraine-Krieges erwartet, in den nächsten Wochen und Monaten etwa sieben Millionen Menschen das Kriegsland verlassen und davon wie erwartet etwa die Hälfte davon Kinder seien, so der Vorsitzende des Philologenverbandes, dann landeten etwa 65 000 ukrainische Flüchtlingskinder in Baden-Württemberg. Für die gelte es nun, Betreuungsplätze zu schaffen und ihnen einen Schulbesuch zu ermöglichen. Aktuell gibt es etwa 1,5 Millionen Schüler.

 

Tatsächlich dürften es wohl deutlich mehr werden, als Scholl ausgerechnet hat. Inzwischen ist von schon von zehn Millionen ukrainischen Flüchtlingen die Rede. Die Herausforderung ist groß. Der Philologenverband, der 9000 Mitglieder hat und die Interessen der Gymnasiallehrer vertritt, hat deshalb nun einen Forderungskatalog an die Landesregierung aufgestellt.

Verband fordert mindestens 3000 zusätzliche Lehrer

Die Landesregierung dürfe es nicht bei Solidaritätsadressen belassen, sondern müsse konkrete Vorbereitungen treffen. So müsse im Kultusministerium eine Taskforce für das Thema eingerichtet werden. Spätestens im April soll das Land zudem einen Nachtragshaushalt aufstellen, über den 3000 bis 4000 zusätzliche, zeitlich befristete Lehrerstellen finanziert werden könnten. Die so genannten Vorbereitungsklassen (VKL), die der Integration von Migrantenkindern ohne Deutsch-Kenntnisse in die Schulen erleichtern sollen, müssten aufgestockt werden.

Zusätzlich fordert der Verband Fortbildungen für Lehrer – zum einen für ukrainische Pädagogen, die als Flüchtlinge ins Land kommen und beim Unterrichten helfen sollen. Auch die Lehrer, die bereits an den Schulen arbeiten, haben aus Sicht des Philologenverbandes noch Lernbedarf im Bereich Deutsch als Fremdsprache. Auch dafür brauche es ein Fortbildungsprogramm für mindestens 5000 bis 10 000 Lehrer, die so für die Arbeit mit den ukrainischen Kindern geschult werden sollten.

Das Kultusministerium setzt auf Freiwillige

„Aufgrund der seit der Flüchtlingskrise 2015/16 etablierten Strukturen und des seitdem vorhandenen Wissens- und Erfahrungsschatzes sollten wir alle – Politik, Verwaltung und Bürger — die jetzige Situation gut und erfolgreich meistern können“, teilt der Verband mit. Wie berichtet, arbeitet man im Kultusministerium bereits an Lösungen, wie man die Flüchtlingskinder integrieren kann. Dabei setzt die Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) unter anderem auf ausgebildete ukrainische Pädagogen, die ebenfalls geflohen sind, und auf Freiwillige.

Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert ebenfalls schnelle Qualifizierungsmaßnahmen für Menschen mit ukrainischen oder russischen Sprachkenntnissen. Es sei aber auch davon auszugehen, warnt die GEW, dass das Konzept der VKL-Klassen nicht immer angewandt werden könne: Es sei damit zu rechnen, dass die meisten Geflüchteten hofften, bald wieder in die Ukraine zurückzukehren und deshalb den Aufenthalt hier nur als vorübergehend betrachteten.

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