In Russland schwanken die Menschen zwischen Apathie und trotziger Gefolgschaft zu Wladimir Putin. Aktiver Widerstand ist nicht zu sehen – allenfalls ein stiller Protest.

Korrespondenten: Inna Hartwich

Das Mädchen hat sein Plakat bunt gestaltet. Hat die Ränder mit schwarzem Filzstift betont, jeden Buchstaben anders ausgemalt. Nervös steht es da, etliche Passagiere eilen an ihm vorbei. Es achtet nicht auf die Menschen, es achtet darauf, das Plakat hoch genug zu halten. „Onkel Petja, willkommen zurück“, steht auf dem Papier. Ein großes schwarz-oranges Z prangt mittendrin, das Zeichen für Russlands „militärische Spezialoperation“ in der Ukraine. Man könnte auch sagen: für Russlands Vernichtungskrieg. „Onkel Petja, du bist unser Held!!!!!“, hat das Mädchen in seiner krakeligen Kinderschrift geschrieben. Seine Augen suchen nun in der Menge nach „Onkel Petja“, nach dem aus dem Kampf zurückgekehrten Soldaten, genauso belogen und getäuscht wie die Zehnjährige am Flughafen von Irkutsk in Sibirien. Verblendet wie Millionen Menschen in Russland, die sich in einer Lüge eingerichtet haben, bewusst oder unbewusst.