An den überörtlichen Linien muss sich die Kommune nicht zusätzlich finanziell beteiligen. Die erfolgreiche Verbindung zum Bahnhof kostet die Stadt aber künftig das Doppelte.

Rutesheim - Unser Stadtbus ist eine Erfolgsgeschichte“, waren sich Bürgermeister Dieter Hofmann und alle Fraktionen im Rutesheimer Gemeinderat jetzt einig. Und so war es auch eher eine Formalität, dass die Stadträte dem Landkreis eine 50-prozentige Mitfinanzierung für die Stadtbuslinie 655 zugesagt haben, die vom im Leonberger Stadtteil Silberberg liegenden Rutesheimer Bahnhof zum Rathaus führt. Von Dezember 2018 an muss Rutesheim für eine Laufzeit von achteinhalb Jahren die Strecke mitfinanzieren. Kosten wird das die Stadt 60 000 Euro im Jahr.

 

Die Finanzierung des Nahverkehrs ist eine hochkomplexe Angelegenheit. Zunächsteinmal ist es Aufgabe der Kreise, für die Menschen ein adäquates Angebot an Bus- und Bahnverbindungen sicherzustellen. Doch so einfach wie es klingt, ist es nicht. Die Europäische Union spricht ein gehöriges Wort mit. Unter anderem sollen ausländische Firmen die Möglichkeit haben, vor Ort Linien zu betreiben. Deshalb schreibt der Kreis bis 2020 seine Linien europaweit aus.

30 Millionen Euro jährlich vom Kreis für den ÖPNV

Der Kreis Böblingen finanziert gegenwärtig jährlich mit rund 30 Millionen Euro den öffentlichen Personennahverkehr. In dieser Summe enthalten ist ein Anteil für den Verkehrsverbund und für die Schülerbeförderung. Letztlich bezahlen aber die Kommunen den Nahverkehr mit. Denn das Geld stammt zum größten Teil aus der Kreisumlage, jener Abgabe die die Kommunen an den Kreis bezahlen müssen.

Grundsätzlich gibt es bei den Bussen ein Basisangebot, sozusagen eine Grundversorgung. Will eine Stadt bessere Verbindungen, im Amtsdeutsch „Zubestellungen“ genannt, muss sie dafür auch mehr bezahlen. Wie viel, das ist Verhandlungssache.

Damit beginnt das Rechnen und Feilschen zwischen Kreis und Kommunen. Eine zähe Angelegenheit. Geeinigt hat man sich jetzt darauf, dass der Landkreis sich an den kommunalen „Zubestellungen“ mit 50 Prozent der Kosten beteiligt.

Damit können freilich nicht alle Wünsche erfüllt werden. Mindestens zehn Fahrgäste pro Tour sind die Mindestauslastung. Erst jüngst ist in Leonberg die Altstadtlinie, die das Leo-Center mit dem Marktplatz verbindet, an dieser Quote gescheitert. Zu wenige Menschen fahren mit. Der Betrieb wird demnächst eingestellt.

Das ist in Rutesheim nicht zu befürchten. Die Gespräche allerdings, die waren nicht einfach. „Diese Finanzierungsregelung ist das Ergebnis intensiver und harter Verhandlungen mit dem Landkreis“, erklärte jetzt Dieter Hofmann im Gemeinderat. „Nach dessen ersten Vorstellungen hätte wir uns am heutigen Verkehrsangebot je nach Anteil des Kreises mit 120 000 bis 855 000 Euro im Jahr beteiligen müssen“, gab der Bürgermeister den Ratsmitgliedern eine Vorstellung davon, was auf die Stadt hätte zukommen können. Aber: „Alle Seitter- und Wöhr-Linien finanziert weiterhin der Kreis“, konnte Hofmann seine Stadträte beruhigen.

Rutesheim muss tiefer in die Tasche greifen

Doch auch Rutesheim muss tiefer in die Tasche greifen – für die Stadtbuslinie 655, die 2011 eingerichtet wurde. Statt 30 000 Euro wie bisher, muss die Stadt im Zukunft das Doppelte berappen. Die Linie gewährleistet mit dem subventionierten Ein-Euro-Ticket die halbstündige Anbindung der Stadt an die S-Bahnen am örtlichen Bahnhof, montags bis freitags von 6 bis 21 Uhr sowie die Versorgung des Heuwegs.

Bedauern herrschte im Gremium darüber, dass sich Renningen und Weissach nicht an zusätzlichen Fahrten für die Linie 636 (Weissach – Rutesheim – Renningen) beteiligen wollen. Die nötigen 54 000 Euro will Rutesheim aber nicht allein schultern. Damit werden auf der Linie unter der Woche die Anzahl der täglichen Fahrten von heute 18 um fünf auf 13 reduziert. Damit entfallen die 54 000 Euro. Gestrichen werden die ersten beiden Fahrten morgens und die letzten drei am Abend.