In einem 11,6 Meter hohen Turm am Schulzentrum können künftig 122 Drahtesel kostenlos geparkt werden.

Rutesheim - Der längste Weg dauert 18 Sekunden, dann ist das Fahrrad aus elf Metern Höhe wieder bei seinem Besitzer“, erläutert Andreas Hofmann. Er ist beim Bauamt der Stadt Rutesheim auch für das Gebäudemanagement zuständig und Leiter für ein interessantes Projekt im Schulzentrum: einen automatischen Turm, in dem Fahrräder sicher geparkt werden.

 

Das Metallgerüst des Turms in der Nähe der rund 400 ebenerdigen Radabstellplätze im Schulzentrum an der Robert-Bosch-Straße steht schon. Ist er funktionsbereit, bietet er Platz für 122 Zweiräder. Teile der Mechanik sind bereits installiert, auch das Dach ist fertig. Nun folgt in den kommenden Wochen die Außenverkleidung. Die ist wegen der Kosten und des sonst höheren Gewichts aus Blech und nicht aus Glas, bis auf zwei vertikal verlaufende Elemente. „Es wäre doch schade, wenn man die Funktionsweise dieses komplexen Systems nicht beobachten könnte“, meint der Erste Beigeordnete Martin Killinger dazu.

Referenzobjekt für den Hersteller

Das ist auch für den Hersteller interessant. Denn für die Firma Otto Wöhr aus Friolzheim ist der Turm mit der Bezeichnung „Bikesafe“ ein Referenzobjekt, das man hier potenziellen Kunden – Firmen oder Kommunen – vorführen kann. Das Attraktive für die Stadt liegt darin, dass sie nur für die Kosten aufkommen muss, die für die Herstellung des Fundaments anfallen. Diese liegen bei rund 38 000 Euro.

„Ein 11,6 Meter hoher Turm braucht schon ein solides Fundamet, das einiges an Windlast aushalten muss. Darum haben wir hier 120 Tonnen Beton gegossen“, erläutert Andreas Hofmann. Auch die elektrischen und die Datenleitungen für die Wartung vom Firmensitz aus hat die Stadt verlegt. „Aber letztendlich kostet es uns nur 19 000 Euro, denn die Hälfte der Kosten bezuschusst das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit als innovatives Fahrradprojekt“, sagt der Beigeordneter Killinger erfreut.

Hinzu kommt, dass der Stadt ein kostenfreier Miet- und Wartungsvertrag von der Firma Wöhr für zunächst fünf Jahre angeboten wird. Danach können Verwaltung und Gemeinderat frei entscheiden, ob der Turm hier weiter betrieben oder durch die Firma Wöhr abgebaut werden soll. Ist die Stadt zufrieden und will den Turm weiter nutzen, ist mit einer jährlichen Wartungsgebühr von rund 2000 Euro zu rechnen.

Das Fahrrad wird ganz automatisch eingeparkt

Doch wie funktioniert dieser Turm, von dem ein Modell auf dem Gelände der Firma in Friolzheim zu sehen ist, die ansonsten automatische Parksysteme für Autos baut? Wer sein Radl im Bikesafe parken will, schiebt es in eine dafür vorgesehene Schiene vor der Aufzugtür. Jeder Nutzer bekommt einen Chip, auf dem der persönliche Stellplatz hinterlegt ist. Wenn man den Chip vorhält, öffnet sich die Tür und die Mechanik zieht das Rad automatisch ein, befördert es in wenigen Sekunden auf die entsprechende Etage und stellt es dort ab. Um es abzuholen, muss der Radler wieder nur den Chip vorhalten und er bekommt sein Gefährt geliefert. Der Turm beinhaltet ein System, das sich auch für hochwertige Fahrräder wie beispielsweise Pedelecs und E-Bikes eignet.

Von den rund 2000 Schülern im örtlichen Schulzentrum an der Robert-Bosch-Straße kommen bis zu einem Viertel mit dem Fahrrad zum Unterricht. Da sind die etwa 400 Stellplätze, die hier zur Verfügung stehen, schnell belegt. „Die stehen natürlich auch in Zukunft bereit“, sagt Killinger. Wegen des geringeren Bedarfs am Wochenende und mit Blick auf eventuelle Störungen bei der Rückgabe soll der Turm nur montags bis freitags Fahrräder aufnehmen können.

Mit Beginn des Schuljahres soll der Fahrradturm fertig sein, in dem das Parken im Übrigen kostenlos ist. Doch wer bekommt einen Chip? „Die werden an die Schulsekretariate verteilt, Interessenten müssen einen Antrag stellen und zehn Euro Kaution hinterlegen“, erläutert Martin Killinger. Bislang sei das „Windhundprinzip“ angedacht: Wer sich zuerst für einen Fahrradparkplatz anmeldet, bekommt auch einen. Die Schüler müssen aber mindestens in Klasse 5 sein und die Fahrradprüfung bestanden haben.